Nachruf: Bertrand Blier
Bertrand Blier (2011). © Georges Biard
14. 3. 1939 – 20. 1. 2025
Manchmal sind große Karrieren nichts anderes als die Früchte des Zorns. Als ihm ein Kollege einen Drehbuchauftrag vor der Nase wegschnappte, setzte sich Bertrand Blier wütend an die Schreibmaschine und schrieb noch am selben Abend die ersten 20 Seiten seines Romans »Les Valseuses«, dessen Verfilmung »Die Ausgebufften« ihn zwei Jahre später schlagartig berühmt machte. Vergnügt schleuderte er der Frauenbewegung (und ein wenig auch der Konsumgesellschaft) einen Fehdehandschuh entgegen, der 1974 sechs Millionen Eintrittskarten verkaufte und schlecht gealtert ist.
In Frankreich wurde er für seine Lust an der Provokation gerühmt; deutschen Verleihern hingegen schien die schwebende Musikalität seiner schwarzen Komödien meist eine Spur zu undurchsichtig. Das Skandalöse inszenierte er unaufgeregt, zärtlich, mit amüsiertem Staunen ‒ und in dem Wissen, dass es ein aufgeklärtes Publikum eigentlich nicht mehr brüskieren sollte. Mit seinem Vater, dem Schauspieler Bernard, hatte er nicht nur den spärlichen Haarkranz gemeinsam. Genau wie dieser gewährte er dem Publikum jahrzehntelang Einblicke darin, was für ein schweres und korrumpierendes Geschäft es ist, Bourgeois zu sein. Dabei eröffnete er seinen Figuren regelmäßig Auswege: in erotische Obsessionen, Dreiecksbeziehungen, Inzest, Homosexualität. Bliers kühl flimmernde Sicht auf Moral und Geschlechterbeziehungen testete die Charmegrenzen des Zynismus aus.
Seine Fantasie vagabundierte. Er liebte die Umkehrung des Vertrauten, fasste den Widersinn der Konventionen in Dialoge voll hinterlistiger Gereimtheiten. In »Zu schön für Dich« betrügt Gérard Depardieu seine elegante Frau Carole Bouquet mit seiner molligen, sinnlicheren Sekretärin Josianne Balasko; Mein Mann ist das stolze Credo, das Hohelied einer verliebten Prostituierten. Den Frauen fielen ohnehin bald die interessanteren Rollen zu. Nathalie Baye schillert in »Notre Histoire« zwischen Aufruhr und Lebensmüdigkeit; seine Filme der 1990er wurden getragen von der Erlebnisfähigkeit seiner damaligen Partnerin Anouk Grinberg. Blier mochte seine Geschichten nie ohne Brüche und Abgründe erzählen; schwer zu sagen, ob letztlich Subversion oder Melancholie obsiegten.
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