Nachruf: Peter Fleischmann
Peter Fleischmann
Leiden am Land
Als die Regisseure des Neuen Deutschen Films Ende der 60er und in den frühen 70er Jahren ins Kino drängten, forderten sie auch einen anderen Umgang mit der deutschen Wirklichkeit. Kaum einer hat diesen Anspruch des damals jungen deutschen Kinos so verwirklicht wie Peter Fleischmann.
Heute gehört er eher zu den fast vergessenen Regisseuren dieser Jahre, seine letzte Kinoarbeit, die russisch-deutsche Koproduktion »Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein« (1990), ging bei uns ziemlich unter. Aber vielleicht war auch Science Fiction nicht das Genre des Peter Fleischmann: Seine besten Filme sind Heimatfilme – aber ganz andere, als sie die 50er Jahre kannten. Fleischmann war ein Ankläger, ein Provokateur, ein Polemiker und manchmal auch ein Satiriker, und in seinen Filmen wird die bundesdeutsche Wirklichkeit der 60er und 70er Jahre zu einem Albtraum ohne Erwachen.
Schon in seinem frühen Dokumentarfilm »Herbst der Gammler« (1967) legte er den »alltäglichen Faschismus« bloß, mit dem man in München auf jugendliche Außenseiter reagierte. Ein Außenseiter ist auch die Hauptfigur in seinem Langfilmdebüt »Jagdszenen aus Niederbayern« (1969), entstanden nach dem Theaterstück von Martin Sperr und mit diesem in der Hauptrolle: Ein homosexueller Bauernbursche wird in einem niederbayrischen Dorf für jedes Ungemach verantwortlich gemacht, bis er es wirklich anrichtet. Er ersticht eine junge Frau, die ihm die Vaterschaft ihres Kindes andichtet.
In dem darauffolgenden »Das Unheil« ließ Fleischmann Wetzlar, eine Kleinstadt in Nordhessen, zum Ort einer absurden Walpurgisnacht werden. Das Unheil ist ein Pamphlet gegen den Kleinstadtmief und das Spießertum, fern jeder Vorstellung von einer heilen Welt. Noch weiter ging er in »Die Hamburger Krankheit« (1979): Da wird eine rätselhafte Seuche zum Synonym für die deutsche Katastrophe.
Nur sieben lange Spielfilme hat Peter Fleischmann gedreht, bis er sich nach 1990 auf Branchenpolitik – etwa die Rettung des Babelsberger Studios – zurückzog. Aber die Rigorosität seines Werkes fehlt dem deutschen Film schmerzhaft.
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