Nachruf: Franz Stadler
Foto: © Berlinale »Die Verleihung der Berlinale Kamera an Rosemarie und Franz Stadler, 2011«
Der Kinobesitzer und Buchautor Franz Stadler ist am 26.3.2017 gestorben
Sein Kino kannte ich schon, bevor ich ihn selber kennenlernte. Anfang der siebziger Jahre für einige Tage in Berlin, entdeckte ich im Kinoprogramm das „filmkunst 66“, wo gerade ein Melodramen-Festival lief, an diesem Abend sah ich Luis Bunuels wildes mexikanisches Melo »Susanna – Tochter des Lasters«. Später, auf Dauer in der Stadt, wurde sein Kino eines meiner Stammkinos, wo man umfassend Filmgeschichte nachholen konnte: dank Genrefilmreihen im Nachtprogramm, mit üppigen Festivals - Laurel & Hardy füllten tatsächlich das Kino (das bis zum Totalumbau 1993 mehr als 300 Plätze hatte), für ein Donald-Duck-Festival zum 50. Geburtstag der Figur 1984 montierte er in mühseliger Kleinarbeit aus zahlreichen Kompilationsfilmen von Disney seine thematisch geordneten Programme, ähnlich aufwändig war ein Trickfilmfestival (dem Genre gehörte seine besondere Liebe) mit Filmen aus aller Welt. Immer wieder auch gab es Vorpremieren in Anwesenheit der Filmemacher: ich erinnere mich an einen schüchternen Schotten namens Bill Forsyth mit seinem Debüt »That Sinking Feeling« und – als Kontrast - an Russ Meyer (mit einem seiner Spätwerke), der, wie in seinen Filmen, ganz der Showman war.
Der gelernte Kinokaufmann Franz Stadler, der an den meisten Abenden auch selber im Kino stand (meist als Kartenabreißer), sprach mit sanfter Stimme, konnte aber beharrlich sein. Wenn er einen Film in sein Herz geschlossen hatte, dann setzte er sich für ihn ein. Oft konnte er damit auch das Publikum überzeugen: eine ganze Reihe von Filmen hatte bei ihm die bundesweit besten Einspielergebnisse, etwa die italienische Komödie »Brot und Tulpen«.
Nachdem er sein Kino 2010 (da war er immerhin schon 70) an Regina Zieger verkauft hatte, fand er endlich die Zeit, in dem Buch "Immer, wenn das Licht ausgeht… 66 Berliner Kinogeschichten" (2012) viele der schönen und schrägen Geschichten rund um seine mehr als 40jährige Kinoarbeit zu erzählen, er zog in die Provinz, allzu lange hielt er es da jedoch nicht auf, zuletzt war er wieder zurück in der Hauptstadt, wo er 2015 das Buch "Die Kunst der Filmkomödie" vorstellte und Vorträge zur Filmkomik hielt. Das zweibändige, 936 Seiten starke Werk (erschienen im Verlag von Harald Mühlbeyer) hatte er zusammen mit dem Filmkritiker Manfred Hobsch verfasst, eine mehrjährige labor of love. Hobsch starb vor elf Monaten, ich stelle mir vor, jetzt treffen sich die beiden wieder im Cineastenhimmel und setzen ihren Dialog über ihre liebsten Filmkomödien fort.
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