Interview mit Sofia Coppola über »Die Verführten«
Sofia Coppola. Foto: Olivier Vigerie / Signatures (2017)
Mrs. Coppola, wann haben Sie den Film »The Beguiled« (dt: »Betrogen«), den Don Siegel 1970 mit Clint Eastwood in der Hauptrolle drehte, zum ersten Mal gesehen?
Das war ungefähr vor vier Jahren. Der Film ist in den USA nicht sehr bekannt – außerhalb cinephiler Kreise. Mein Production Designer hat mich damals darauf aufmerksam gemacht. Er blieb dann in meinem Gedächtnis haften. Ich fand bemerkenswert, wie er die Geschichte aus dem Blickpunkt der männlichen Hauptfigur erzählt – sein Blick auf die Frauen war ganz klar der eines Machos. Ich wollte kein Remake davon drehen, fand aber das Versprechen der Geschichte interessant und wollte diese nun aus der Perspektive der Frauen erzählen.
Fanden Sie unter diesem Gesichtspunkt etwas in dem zugrundeliegenden Roman von Thomas Culliman, das Sie verwenden konnten? Etwas, das damals in das Drehbuch von Albert Maltz und John B. Sherry bzw. in den Film von Don Siegel keinen Eingang gefunden hatte?
Ich habe zunächst einmal versucht, den Don-Siegel-Film zu vergessen. Aus dem Buch, das übrigens nur noch antiquarisch zu bekommen war, habe ich einiges verwendet, aber durchaus auch einiges hinzuerfunden. Das ist eigentlich bei jeder literarischen Vorlage so, man überlegt sich, auf welche Figuren man sich konzentrieren will, macht sich Gedanken über ihre Hintergründe und entwickelt von daher eine Perspektive.
Entsprechend dieser veränderten Perspektive agiert auch Colin Farrell bei Ihnen etwas anders als Clint Eastwood bei Don Siegel…
Das stimmt – die Besetzung der männlichen Hauptrolle war eine zentrale Herausforderung (neben der Tatsache, dass wir nur wenige – entsprechend intensive – Drehtage zur Verfügung hatten). Der Hauptdarsteller musste jemand sein, der auf die alters- und charaktermäßig so unterschiedlichen Mädchen und Frauen des Internats eine Wirkung ausübt, derart, dass es ihm gelingt, sie allesamt auf unterschiedlichste Weise zu verführen. Als ich Colin traf, merkte ich, wie charmant er sein kann, aber auch, dass er eine dunkle Seite zum Vorschein bringen kann, wenn seine Figur im Verlauf der Geschichte ihre Haltung verändert. Wichtig war mir, dass sein Spiel verhalten sein sollte, denn die Geschichte ist schon so over the top – der Film sollte nicht in Camp abgleiten.
Sie haben diesen Film auf Filmmaterial gedreht. War das wegen des Looks – und welche Hürden hatten Sie dabei zu überwinden?
Ich liebe nun einmal 35mm – ich finde, es hat eine ganz eigene Qualität, es verleiht den Bildern eine gewisse Weichheit, die sich mehr nach Vergangenheit anfühlte. Wir haben uns zur Vorbereitung viele Gemälde und Porträts angeschaut, dadurch wurde diese Wahl bekräftigt.
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