Fantasy Filmfest 2016
Foto: Breakthrough Entertainment
Am 18. war der Auftakt in Berlin, es folgt Nürnberg, anschließend München, Frankfurt, Köln, Stuttgart und Hamburg. Das sommerliche Fantasy Filmfest findet in diesem Jahr bereits zum 30. Mal statt
Mit den 50 abendfüllenden Filmen, die diesmal auf dem Programm stehen, hat man das Programm gegenüber den letzten Jahren ein wenig abgespeckt, auch die Anwesenheit von Regisseuren ist in diesem Jahr eher geringer ausgefallen. 28 der Filme haben einen deutschen Rechteinhaber, allerdings wird man den wenigsten danach in den Kinos wieder begegnen, wohl aber als DVD (einige werden im Programmheft schon mit den entsprechenden Veröffentlichungsdaten beworben).
»Haben Sie etwas aus den Achtzigern?« fragt am Ende von »Beyond the Gates« ein Kunde (Typ: Nerd) in einem auf Spiele und Magisches spezialisierten Geschäft den Inhaber. Ja, da gibt es etwas, eine Kombination aus Brettspiel und Videocassette, auf der (in Schwarzweiss) eine Frau in einer Mischung aus Verführung und Bestimmtheit Anweisungen erteilt – höchst personalisierte (und zudem ziemlich schmerzhafte) Anweisungen, wie die beiden Brüder Gordon und John erfahren mussten, die das Spiel, das ihnen ihr verstorbener Vater mitsamt seiner Videothek vermacht hat, gerade gespielt haben. Die Dame auf der Videokassette wird von Barbara Crampton verkörpert, dem weiblichen Star des 1985er »Re-Animator« Films, angesiedelt ist »Beyond the Gates« im Jahr 1992, während uns »Carnage Park« zurückführt ins Jahr 1978 – sogar das Copyright im Nachspann gibt dieses Jahr an.
Beides sind Kammerspiele auf begrenztem Raum mit begrenztem Personal, in »Beyond the Gates« entwickelt sich das Geschehen eher gemächlich, deshalb wirken die Szenen, in denen dann das Blut spritzt, umso nachhaltiger. »Carnage Park« setzt mit seinem die Chronologie verschachtelnden Anfang eher auf Hysterie, wenn ein Bankräuber im Fluchtauto mit seinem sterbenden Komplizen und einer Geisel im Kofferraum unterwegs ist und an einen Kriminellen ganz anderer Sorte gerät. Die Weite der kalifornischen Landschaft schrumpft, wenn man ahnt, dass man ins Visier eines Psychopathen mit Zielfernrohr geraten ist. »Hier draußen hört dich niemand schreien« könnte man in Abwandlung des »Alien«-Slogans sagen, denn die Menschen, denen die entkommene Geisel, eine taffe Frau, begegnet, sind entweder schon tot oder haben nicht mehr lange zu leben.
Begrenzte Schauplätze bieten auch »The Bed of the Dead« (zwei Paare sitzen auf den zweimal zwei Metern eines antiken Bettes fest) oder die von der Berlinale bekannten »The Ones Below« und »Shelley«. Im letzteren sieht sich eine rumänische Haushaltshilfe mit dem Wunsch ihrer dänischen Arbeitgeber konfrontiert, für die Ehefrau als Leihmutter zu fungieren. Absehbar, dass die Idylle des Hauses am See sich bald in einem Albtraum verwandet. Im britischen »The Ones Below« führt die Entdeckung, dass es sich bei den neuen Nachbarn ebenfalls um eine schwangere Frau mit Ehemann handelt, bei Kate und Jack nur kurzzeitig zu Freude: ein gemeinsames Essen entwickelt sich zur Katastrophe, später weckt die neuerwachte Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft des anderen Paares in Kate einen schlimmen Verdacht – der sich am Ende aufs Böseste bestätigt.
Geht es in »The Ones Below« lange Zeit britisch-zurückhaltend zu, so setzt der mexikanische »The Similars« von vornherein auf Hysterie: verständlich, denn nachdem tagelanger Dauerregen die Straßen unpassierbar gemacht hat, liegen die Nerven blank bei der Handvoll von Personen, die in einem Busbahnhof in der Provinz festsitzen. Jeder will nur schnell weg von hier, Streitereien, die in handgreifliche Auseinandersetzungen umkippen, sind vorprogrammiert. Dann passiert etwas, was an eine bizarre Variante von »Invasion der Körperfresser« erinnert: ein Virus? Eine außerirdische Invasion? Oder ein geheimes Regierungsprogramm, das sie zu Versuchskaninchen auserkoren hat? Soll man zusammenstehen oder ist nicht vielleicht doch der Nächste der Verursacher des Schlamassels?
Mit »Swiss Army Man« (Kinostart am 13.10.) bietet das Festival diesmal einen ziemlich unkonventionellen Eröffnungsfilm. Bis auf das Ende und knappe Rückblenden eine Zwei-Personen-Geschichte, in der Hank (Paul Dano), Jahre nach einem Schiffbruch, auf einer einsamen Insel Manny (Daniel Radcliffe) begegnet, der eines Tages angespült wird. Der scheint tot zu sein, ist aber auch in diesem Zustand noch mit einigen ungewöhnlichen körperlichen Fähigkeiten gesegnet, die sich für den Mann, der gerade Selbstmord begehen wollte, als höchst lebensrettend erweisend. Eine schwarze Komödie, stets am Rande des ‚guten Geschmacks. Konventioneller kommt der Abschlussfilm daher: der koreanische »Train to Busan« verknüpft einen Epidemieausbruch, der Menschen in Zombies verwandelt, mit dem Genre des Zugfilms. Glücklicherweise ist er dabei weniger am blutigen Gemetzel interessiert als an seinen Figuren, von denen vor allem der Protagonist, ein kaltschnäuziger Manager, der mit seiner kleinen Tochter reist, den Zuschauer einem Wechselbad der Gefühle aussetzt. Hübsch auch, dass »Seoul Station«, der (Animations-)Film desselben Regisseurs, der die Vorgeschichte von »Train to Busan« erzählt, drei Tage zuvor auf dem Festival zu sehen ist.
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