Berlinale: Liebe und Tod
Zum Kinder- und Jugendfilm wird ein Film im Grunde allein dadurch, dass von Kindern und Jugendlichen erzählt wird, was oft mit einer ungestümen, vibrierenden, lebendigen Erzählperspektive einhergeht. Schon das ist ein Grund, warum die von Maryanne Redpath betreute Sektion Generation 14plus seit Jahren immer wieder wunderbare Entdeckungen ermöglicht, die auch manche der sogenannten »Erwachsenen«-Sektionen schmücken würden, insbesondere von Erstlingsregisseuren, bei denen sich die Suche nach einer filmischen Handschrift mit der Suche der Helden nach einer Lebensperspektive verbindet. Beispielsweise bei den drei jungen Musikern, deren Wege sich im Glasgow von God Help the Girl kreuzen, wo sie sich auf den Wogen ihrer eigenen Songs durch einen flirrenden Sommer treiben lassen. In seinem Spielfilmdebüt überträgt Stuart Murdoch, Sänger der Band »Belle and Sebastian«, den erzählerischen Drive seiner beschwingt verspielten Songs in ein verträumt melancholisches Coming-of-Age-Musical.
In Supernova sieht ein gottverlassenes Stückchen holländischer Erde so sonnentrunken und staubig aus wie der amerikanische Mittelwesten, und wenn die 15-jährige Meis in kurzen Jeansshorts und Cowboystiefeln träge wie ein Himmelskörper durch die heißen Tage driftet, dann leuchtet und glüht ihre Fantasie wie die titelgebende Sternenexplosion. Die Lethargie des Sommers gebiert erotische Sehnsüchte, die erfüllt werden, als ein Sportwagen mit einem jungen Mann durchs Wohnzimmerfenster kracht.
Jugendliche Schwerelosigkeit ist für die Jungs im belgischen Film Violet (Regie: Bas Devos) nur zu haben, wenn sie über BMX-Rampen durch die Wälder fliegen. Sonst lastet eine dunstige Ereignislosigkeit auf den Bildern, die Schockstarre nach dem Tod des besten Freundes, der in der Shoppingmall niedergestochen wurde. Immer wieder geht es in diesen Filmen ums Ganze von Liebe und Tod, und die körnige Unschärfe der Bilder von Überwachungs- und Handykameras wird zur Metapher für das Ringen um Orientierung. Das gilt auch für 52 Tuesdays von Sophie Hyde: Während die 15-jährige Billie mit ihrem eigenen sexuellen Erwachen experimentiert, ist sie plötzlich mit der Geschlechtsumwandlung ihrer Mutter konfrontiert. Ein Jahr lang soll sie beim Vater wohnen, doch jeden Dienstagnachmittag treffen sie sich für ein paar Stunden, in denen sich die Veränderungen durch die emotionale Verbundenheit von Mutter und Tochter wie unter einem Brennglas offenbaren.
Die Vampire, die sich in der neuseeländischen Stadt Wellington zur WG zusammengefunden haben, mögen zwar schon Hunderte von Jahren alt sein, doch wenn sie darüber diskutieren, wer sich endlich ums blutverschmierte Geschirr kümmert, dann benehmen sie sich so unreif wie beim abendlichen Discobesuch. Mit What We Do in the Shadows unterziehen Taika Waititi & Jemaine Clement die bekannten Vampirmythen einem ganz irdischen Realitycheck.
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