Zurück zu den Wurzeln – Regisseur Peter Chelsom über seinen Film »Hannah Montana«
Mit dem am Montag, den 1. Juni, in den deutschen Kinos startenden Film Hannah Montana – Der Film unternimmt die Walt Disney Corporation ihren nächsten Angriff auf die Herzen und Geldbeutel des (weiblichen) Teen-Publikums. Wie in der zugrunde liegenden Fernsehserie spielt Miley Cyrus ein Mädchen, das eine Doppelexistenz führt und als Hannah Montana ein gefeierter Teen-Star ist. Das wird hier eines Tages sogar ihrem Vater und Manager (gespielt von ihrem richtigen Vater und Manager, dem Countrysänger Billy Ray Cyrus) zuviel, der sie kurzerhand zurück nach Hause, in die ländliche Idylle von Tennessee, verfrachtet. Doch auch dort ist längst nichts mehr alles idyllisch: Eine Shopping Mall droht die gewachsenen Strukturen zu zerstören. Da kommt wiederum die Popularität von Hannah Montana, die mit einem Benefizkonzert einspringt, gelegen. Inszeniert hat den Kinofilm der Brite Peter Chelsom, der nach seinen ersten beiden Filmen, Hear My Song und Funny Bones nach Amerika ging und seitdem ausschließlich dort gearbeitet hat
Als Disney mir vor anderthalb Jahren das Angebot machte, wusste ich nichts über Miley.
Und jetzt haben Sie alle Episoden angesehen?!
Nicht alle, aber genügend, sieben oder acht. Ich wollte mich nicht zu sehr von der Fernsehserie beeinflussen lassen, sondern bin herangegangen, als sei dies eine ganz neue Idee.
Im Film macht die Titelfigur die Erfahrung, zurück zu gehen zu ihren Wurzeln. Hat das während der Vorbereitung oder während des Drehs bei Ihnen einen deja vu-Effekt gehabt? In Ihrem zweiten Film Funny Bones ging es dem Protagonisten ja ähnlich.
Die Ähnlichkeit zwischen beiden Filmen lag für mich darin, dass ich mich sehr frei, geradezu verspielt fühlte. Disney hat mir nie irgendwelche Vorschriften gemacht. Als ich eines Morgens auf meinem Handy einen Anruf des Präsidenten der Company sah, dachte ich, "Ach du Schreck, hier kommen die Anmerkungen!" Dabei war es nur ein Glückwunsch nach Ansicht der Muster und die Freude darüber. Funny Bones war ein sehr persönlicher Film und Hannah Montana war der erste Film seit einer langen Zeit, wo ich machen konnte, was ich wollte.
Die Erfahrung, die die Titelfigur hier durchmacht, war auch die Erfahrung für Miley Cyrus selber – oder hatte Sie das schon hinter sich?
Nein, das war vollkommen ihre Erfahrung. Es war schon erstaunlich, wie nah die Geschichte an ihr selber dran war. Wir hätten den Film auch in einem anderen Bundesstaat drehen können, aber für mich war es wichtig, ihn in Tennessee zu drehen, wo der Familiensitz der Familie gerade mal sechs Meilen vom Drehort entfernt war. Miley sollte sich hier genauso frei von ihrem überdrehten Leben in Los Angeles fühlen wie ihre Figur. Das hat funktioniert.
Konnten Sie den Film in chronologischer Folge drehen?
Leider nein. Das versuchte ich jedes Mal, aber das hat noch nie geklappt.
War es leicht für Ihre Hauptdarstellerin, zwischen ihren beiden Rollen hin- und her zu wechseln? Haben Sie ihr das erleichtert, indem Sie die unterschiedlichen Rollen an unterschiedlichen Tagen gedreht haben – oder geht es gerade um den raschen Identitätswechsel?
Nein, das kann sie aufgrund der Fernsehserie praktisch im Schlaf, darum musste ich mich gar nicht kümmern. Was mir am Herzen lag, war es, sie aus der Stimmung der Fernsehserie auf die große Leinwand zu transportieren Das kam mir manchmal vor wie drei Jahre Schauspielausbildung in drei Stunden, Ich habe ja eine ‚langweilig respektable’ Erfahrung im britischen Theater, ich habe auch Schauspielunterricht gegeben, auch für Kinder. Ich erinnere mich, dass ich bei den Proben einmal zu ihr sagte: "weniger!" und dann "noch weniger!". Irgendwann kam sie besorgt zu mir und fragte: "Wird man mich überhaupt noch wahrnehmen, wenn ich so wenig mache?!" Da habe ich ihr die Unterschiede zwischen Film und Fernsehen erklären müssen.
Der Film öffnet die Szenerie im Gegensatz zur Fernsehserie, aber er arbeitet doch mit den bekannten Figuren und Problemen. Wieweit hat das Ihre Arbeit beeinflusst?
Ich habe mir eigentlich nie gesagt, "Ich muss es wie im Fernsehen machen" oder "Ich darf es nicht wie im Fernsehen machen". Die Fragen waren eher pragmatisch: welche Figuren könnten wir weglassen? Auch wenn die meisten Kinogänger die Serie kennen werden, sollte der Film doch für sich stehen.
War es Ihre Idee, den Paparazzo aus England kommen zu lassen?
Nein, das stand schon so im Drehbuch. Meine Idee war es, diesen Schauspieler zu besetzen, den ich seit 22 Jahren kenne und der auch in Funny Bones dabei war.
Es war sicherlich schwierig, die Dreharbeiten geheim zu halten. Wie sind Sie mit den Fans ungegangen, die den Set vermutlich belagert haben?
In Tennesse, also während der ersten acht Drehwochen, war das kein Problem. In den Massenszenen waren die Beteiligten alle aus der Gegend und sie konnten ihren aufrichtigen Enthusiasmus zum Ausdruck bringen. Als wir allerdings in Los Angeles waren, am Strand von Malibu und am Pier, war es voller Paparazzi.
Bekommen Sie manchmal noch Angebote aus Großbritannien?
Ja, und die drei Jahre, bevor mir "Hannah Montana" angeboten wurde, habe ich mit solchen Projekten verbracht, die dann schließlich doch nicht klappten.
Gibt es eine Parallele zwischen jemandem wie Lee Evans, der Stand Up Comedian war, bevor Sie ihn mit Funny Bones für die Leinwand entdeckten, und Miley Cyrus, die durch ihre Fernsehserie ebenfalls einen engen Kontakt zu ihren Publikum hat?
Das würde ich bejahen. Ich habe mit beiden eigentlich dasselbe gemacht, ihnen das Spielen für die Leinwand beigebracht und ihnen dabei klargemacht, dass das Sich-Zurücknehmen ihre Kreativität nicht behindern wird.
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