Kritik zu Zu guter Letzt

© Tobis Film

Das Leben, vom Nachruf aus gedacht: Shirley MacLaine spielt eine einst erfolgreiche, aber unbeliebte Geschäftsfrau, die eine Journalistin (Amanda Seyfried) engagiert, um sich letzte gute Worte zu sichern

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Als Geschäftsfrau war Harriet Lauler (Shirley MacLaine) sehr erfolgreich. Den Lebensabend in ihrem luxuriösen Haus kann sie aber nicht wirklich genießen. Sie ist nämlich zur vereinsamten Kratzbürste mit zwangsneurotischem Kontrollwahn mutiert. Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch entschließt sie sich zum geordneten Rückzug. Ein Nachruf, der die Verdienste ihres Lebens in geschliffenem Feuilletonstil hervorhöbe – das wäre es! Doch Anne (Amanda Seyfried), eine junge Journalistin aus der Lokalzeitung, die Harriet großzügig sponsert, findet niemanden, der Harriet nicht hassen würde: Wer ist diese exzentrische Frau, die nichts dem Zufall überlassen kann und sogar die Kontrolle über den eigenen Nachruf behalten will?

Neugierig verfolgt man, wie die wackere Journalistin herausfindet, was mit der Marketingspezialistin geschehen ist: Sie wurde von den Partnern ihrer Agentur ausgebootet und vom Ehemann verlassen. Auch die Tochter hat mit der Mutter gebrochen. Der Grund ist immer derselbe: Harriet ist ein Sturkopf. Sie zieht ihr Ding durch – immer mit Erfolg. Das Thema der Frau, die in einer von Männern gemachten Welt aneckt, weil sie sich dem Klischee der weiblich-mütterlichen Rolle verweigert, ist zwar nicht neu. Allzu oft hat man es im Kino aber nicht gesehen. Vor allem nicht mit Shirley MacLaine,­ der man als distinguierte Giftspritze mit messerscharfem Mundwerk gerne zusieht.

Doch just in dem Moment, in dem MacLaines Figur Konturen bekommt, verflacht der Film. Ins Zentrum rückt die schwierige Annäherung zwischen der widerborstigen Harriet und der braven Journalistin, die ein Leben mit angezogener Handbremse führt. Als lebenskluge Geschäftsfrau bringt Harriet ihrer Ersatztochter bei, dass jeder es schaffen kann: Wenn er sich nur dazu entschließt. Die Message wirkt aufgesetzt, zumal die Charaktere nicht gerade mit psychologischer Tiefenschärfe ausgeleuchtet sind. Die Chemie zwischen den beiden Frauen stimmt nicht. Das liegt an der mädchenhaft-blassen Amanda Seyfried, die eine Fehlbesetzung ist. Rekrutiert die zur Glücksfee mutierte Harriet in einem Heim für schwer erziehbare Kids obendrein noch ein schwarzes Mädchen, um auch ihm die Erfolgsstory einzutrichtern, dann trägt der Film doch etwas dick auf.

Geweckt werden dafür die Sympathien des audiophilen Kinogängers. Der Film ist eine trendige, aber dennoch liebenswürdige Hommage an das Vinyl. Wenn Harriet als aufgetakelte Schabracke eine angesagte Radiostation aufmischt, dann läuft Shirley MacLaine zu Hochform auf. Ihr Spiel ist wie eine alte Platte, die man immer wieder auflegt – und immer wieder neu entdeckt. Dekorativ ins Bild gerückt wird der Technics SL 1210, einer der bekanntesten Plattenspieler überhaupt. Wenn sich die Nadel in die Rille senkt, schmeichelt ein geschmackvoller Soundtrack dem Ohr, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Mit dem Ausschlagen der Pegel der analogen Verstärker verbreitet der Film eine augenzwinkernde Retro-Atmosphäre. Verschenkt wird leider das eigentliche Potenzial der Geschichte, die am Ende zu märchenhaft bleibt.

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