Kritik zu Whores' Glory
Nach Megacities (1998) und Working Man’s Death (2005) kommt jetzt der dritte Teil von Michael Glawoggers »Trilogie zur globalisierten Arbeitswelt« in die Kinos
Mit einer Rundreise zu prekären Existenzen von Bombay bis New York (Megacities) hat alles begonnen. Dann arbeitete sich Glawogger in Working Man’s Death an den Extremen körperlicher Schwerstarbeit ab. Dabei war der »Working Man« in jedem der sechs Episoden auch biologisch ein Mann. Jetzt gibt es – zumindest formale – Kompensation im dritten Teil, den Glawogger komplett der Frauenarbeit gewidmet hat – leider als Wiederbelebung einer nicht nur filmisch klischeebelasteten Variation: In Whores’ Glory geht es, der Titel sagt schon alles, um die höheren Weihen der Prostitution.
Ein Triptychon nennt Glawogger die Arbeit, der religiöse Anklang ist Teil eines Programms, das sich in drei Episoden einerseits an christlichen Altarbildkonzepten mit ihrer Bewegung vom Paradies zum Inferno orientiert und dazu andererseits drei Religionen vom Buddhismus bis zum Papsttum ins Spiel bringt. In Bangkok sind die aufwendig gestylten Mädchen mit perfekten Körpern hinter einer Scheibe auf Podesten arrangiert und mit Etiketten ausgepreist, während vor der Scheibe ein Vermittler den Kunden das Angebot erläutert und die gewählten Objekte per Lautsprecher zum Dienst bestellt: Eine fast lehrstückhafte Demonstration spätkapitalistischer Entfremdung.
In der »Stadt der Freude« in Faridpur (Bangladesch) herrscht dagegen Mittelalter: Ein burgartiges Gebäudemonstrum in der Altstadt, wo Hunderte Frauen – oft unfreiwillig – unter dem Regiment weiblicher Kupplerinnen leben. Auch in der »Zona de la tolerancia « im nordmexikanischen Reynosa leben die Huren am Ort ihrer Arbeit, einem anscheinend von jedem urbanen Leben abgetrennten Budendorf, wo die Freier langsam im Pick-up durch die bis auf die sich anbietenden Frauen leeren Straßen kreuzen. An diesen Orten drehen zu können, bedeutete große Mühe: Glawogger zeigt die Orte und – teils inszenierten – Abläufe, spricht mit den Huren, lässt Kunden zu Wort kommen. Etwas krude ist das Triptychon auf Kontrast und Höllenfahrt gepolt: Wollen die hübschen jungen Frauen im »Fish Tank« häuslichen Abhängigkeiten entfliehen und eine zeitlang gutes Geld machen, so sind die drogengezeichneten Gestalten in den Hütten von Reynosa elend am Ende ihrer Laufbahn und ihres Lebens angekommen.
Glawoggers Filmkonzept setzt einseitig auf Erschütterung und verzichtet ganz auf Erforschung der (auch ökonomischen) Hintergründe, die das »älteste Gewerbe der Welt« vielleicht ent-naturalisieren könnten. Das ist Programm: Zum Titel befragt, erzählt Glawogger gern von seiner Hochachtung vor der Leistung der Huren für das »Gleichgewicht der Geschlechter«. Ein Gleichgewicht, das der Film interessanterweise ausgerechnet in stark patriarchal orientierten Billigökonomien findet. Zumindest ein Standort in Europa oder den puritanischen USA hätte dem innerfilmischen Gleichgewicht sicher gut getan. Doch aus der ersten und zweiten Welt kommt zum Ruhm der Huren nur die manchmal soft begleitende Musik.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns