Kritik zu White Boy Rick

© Sony Pictures

Die leider auf Tatsachen beruhende Geschichte des mit 14 Jahren jüngsten Informanten, den das FBI während des »War on Drugs« rekrutierte

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Rick junior ist vierzehn Jahre alt, wenn ihn das Kinopublikum kennenlernt. Da besucht er mit seinem Vater eine Waffenmesse. Rick senior handelt mit Schusswaffen, träumt aber von einer eigenen Videothekenkette. Nur fehlt ihm dafür das nötige Kapital. »Das wird unser Jahr«, verspricht er sich und seinem Sohn dennoch. Tatsächlich sind die Zeiten schlecht in den USA zu Beginn der 80er. In Ricks Heimat, dem urbanen Detroit, wurden viele Fabriken stillgelegt, und Crack verbreitet sich epidemisch, obwohl die First Lady die Parole »Just say No!« ausgab. Auch in Ricks Viertel herrschen Sucht und Gewalt. Wenn jemand länger nicht zur Schule kommt, halten ihn die Klassenkameraden für tot.

Das Amerikabild, das »White Boy Rick« zeichnet, ist düster, wozu Tat Radcliffes Kamera erheblich beiträgt: Im fahlen Licht hoffnungsloser Morgen und Abende fehlt jede Perspektive für Rick junior und seine Schwester Dawn (Bel Powley), die zum Junkie wird. Die Mutter hat dem Elend bereits vor einiger Zeit den Rücken gekehrt, der Vater sucht vergeblich, Optimismus zu verbreiten – in den Augen der Kinder ist er nur ein Loser. Matthew McConaughey spielt diesen eigentlich verzweifelten Mann mit einer Intensität, gegen die Newcomer Richie Merritt zunächst schwer ankommt. Doch in der Verbindung von Naivität und Coolness wirkt sein Rick schnell glaubwürdig.

Das Blatt scheint sich zum Besseren zu wenden, als auf dem Höhepunkt der Crack-Epidemie das FBI den Teenager Rick mit einer Erpressung als Informanten rekrutiert: Wenn er nicht spurt, wandert Papa der Waffen wegen in den Knast. Die Behörde schickt den Jungen erst als Käufer, dann als Dealer ins Milieu der Gangs, die hier durchweg aus Afroamerikanern bestehen. Schön wäre es gewesen, wenn sich jene Sorgfalt, die das Drehbuch nach einer wahren Geschichte (Andy Weiss, Logan Miller, Noah Miller) Ricks Familie und ihren Konflikten angedeihen lässt, auch auf die schwarzen Protagonisten erstreckt hätte. Doch man erfährt nicht viel mehr über sie, als dass sie gern Pelze und dicke Halsketten tragen und glamouröse Partys feiern.

In ihrer Mitte bewegt sich nun der junge Weiße, der von ihnen »White Boy Rick« genannt wird. Mit den Modecodes der Gangs hat er Schwierigkeiten: So hängt er einen goldenen Davidstern an seine Halskette, ohne im Geringsten zu wissen, wofür dieses Symbol steht. Das ist nicht die einzige Szene, die Probleme der kulturellen Aneignung thematisiert. Wenn sich der Film Fragen des Rassismus stellt, indem etwa in einem Dialog zwischen »white prison time« und »black prison time« unterschieden wird, geht es auch um eine systemische Ungerechtigkeit. Die Skrupellosigkeit, mit der das FBI vorgeht, indem es einen Minderjährigen zum Kriminellen macht, wirft ein ungünstiges Licht auf US-amerikanische Regierungsbehörden.

»White Boy Rick« verbindet Sozialdrama mit Drogenthriller zu einer Anklage des Systems. Als er 17 ist, lassen Polizei und FBI Rick entgegen der getroffenen Absprache fallen, er wird wegen Kokainbesitzes zu lebenslänglicher Haft verurteilt.

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