Kritik zu Sechs Richtige – Glück ist nichts für Anfänger

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Maxime Govare und Romain Choay erzählen in ihrer Komödie von Lottogewinnern und dem, was sie dabei auch verlieren

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Ein Lied, zwei Stimmungen. Der Film »Sechs Richtige – Glück ist nichts für Anfänger« von Maxime Govare und Romain Choay beginnt und endet mit einem der größten Hits des französischen Komponisten und Sängers Jean-Jacques Goldman: »Quand la musique est bonne« aus dem Jahr 1982. Zunächst erklingt er als Soundtrack zur Urlaubsautofahrt einer zerstrittenen Familie; am Schluss begleitet er den versöhnlichen Aufbruch in eine spannende Zukunft für Paul (Fabrice Éboué), Louise (Audrey Lamy) und ihre beiden Kinder (Esteban Hernandez-Sanchez und Inès Angelina Mnafek-Amandio). 

Dazwischen ist viel passiert. Govare und Choay (Regie und Drehbuch) scheuchen ihre Figuren durch einen Hindernisparcours. Es beginnt mit einem Lottogewinn von fünf Millionen Euro, inszeniert eine Variation von »Lola rennt« (hier ist es Paul) in Marseille, beinhaltet eine Gefängnisepisode und gipfelt in einem überraschenden Happy End. Das alles in einem Mix aus Komödie und Drama – Action, Spannung, Pathos, bittere Pointen und schwarzer Humor inklusive.

»Sechs Richtige« illustriert in vier Episoden, was ein Jackpot mit Menschen macht: Die emotionale Extremsituation verändert sie nicht etwa, sondern bringt an die Oberfläche, wer sie im Kern sind. Paul zum Beispiel erscheint als sympathischer Loser, der alles auf eine Karte setzt, um seinem Image zu entfliehen. Er durchläuft einen Entwicklungsprozess. Ganz anders die naive Julie (Pauline Clément), die ihr Glück nicht glauben kann, als sie kurz nach ihrem Lottogewinn einem Traummann begegnet. Patrick Ghiringhellis Kamera beobachtet ein konfliktreiches Konstrukt, das auf einer entscheidenden Frage basiert: Ist der Weltbürger, Umweltschützer und NGO-Chef Thomas zu gut (und zu schön), um wahr zu sein? 

Der Film beweist wenig Mitgefühl mit seinen Glücksspielgewinnern, er bestraft unbarmherzig Schwächen, Schuld und Fehltritte. Insofern darf Ahmed (Sami Outalbali), der mit zwei anderen »Helden des Widerstands« ein Selbstmordattentat in einer U-Bahn plant und auf »72 Jungfrauen für jeden« hofft, bevor ihn die Nachricht vom 40-Millionen-Euro-Gewinn erreicht, auf kein glückliches Ende hoffen. In dieser virtuos erzählten Episode färbt sich die Komödie tiefschwarz.

Schauspielerisch erreicht der Film seinen Höhepunkt mit Anouk Grinberg. Die von ihr gespielte Altenpflegerin profiliert sich als moralisches Gewissen, nachdem ihr und einigen Kollegen das Los (Gegenwert: 60 Millionen Euro) des gerade verstorbenen Henri in die Hände fällt. Was tun? Das moralische Gewissen durchläuft eine erstaunliche, makaber anmutende Metamorphose: hin zum pragmatischen Handeln eines Terminators im Designerkleid. Grinberg entwickelt sich als von spröder Anständigkeit erfüllte Frau zu einer glamourösen Femme fatale im Ferrari, schließlich zu Madame la Mort. Auch sie konfrontiert das Drehbuch mit einer Frage: Ist das Geld, das in ihren Besitz gekommen ist, verflucht? Sechs Richtige, vermittelt der Film mit Nachdruck, sind oft alles andere als ein Glücksversprechen.

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