Kritik zu Priscilla

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Sofia Coppola erzählt von der jungen Frau im Schatten von Elvis Presley und ihrem langsamen Emanzipationsprozess, der einem Erwachen aus dem Mädchentraum vom Märchenprinzen gleichkam

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»You're just a baby«, entfährt es dem 26-jährigen Elvis (Jacob Elordi), als er auf einer Party in der hessischen Provinz Priscilla Beaulieu (Cailee Spaeny) kennenlernt und sie ihm schüchtern sagt, sie sei 14. Es hält ihn dann keineswegs davon ab, sie zu umwerben. Das Mädchen ist sowieso hin und weg von dem hoch gewachsenen charismatischen Rockstar. Man schreibt das Jahr 1959, und beide sind weit entfernt von ihrer amerikanischen Heimat, Priscillas Vater ist als alliierter Militär in Wiesbaden stationiert; Elvis absolviert seinen Armeedienst als Soldat mit gewissen Privilegien. Dazu gehört auch, dass ihm ein Mädchen wie Priscilla buchstäblich zugeführt wird. 

Bereits in diesen ersten Momenten strahlt »Priscilla«, das Porträt über die Frau im Schatten des King, eine düster schillernde Ambivalenz aus. Auf Basis der Memoiren von Priscilla Presley inszeniert Sofia Coppola in dem von ihr produzierten Film eine Studie um Teenagerträume, Starkult und Ausbeutung. Mit seiner Ausstrahlung nimmt Elvis nicht nur Priscilla ein, scheinbar zunächst ohne sexuelle Absichten, er überzeugt auch bald ihre Eltern, die junge Tochter in die Obhut des Idols und seiner Entourage zu geben. Priscilla fühlt sich als Märchenprinzessin: Aus ihrer Einsamkeit im fremden Land gerettet, darf sie mit Elvis in die USA zurückkehren. 

Mit sanften Anspielungen inszeniert Coppola das Ungleichgewicht ihrer Beziehung, wenn im Alltagsleben in Memphis Elvis sich den Kopf über seine nächsten Karriereschritte zerbricht und Priscilla Hausaufgaben macht. Es dauert nicht lang, bis er ihr sagt, wie sie sich zu kleiden und zu schminken hat. Priscilla, unbedarft und erneut isoliert in diesem goldenen Käfig, kooperiert und fügt sich ins finanziell sorgenfreie, fremdbestimmte Leben. Alles dreht sich um ihn. Sie hört sich geduldig an, wenn er ihr seine Hoffnungen und Träume gesteht; ihre Bedürfnisse nimmt er kaum wahr. Als sie in Teilzeit in einer Boutique arbeiten will, untersagt er es brüsk. Er will sie im Haus verfügbar wissen. Zwar kann er aufmerksam und großzügig sein, doch wenn er sich entzieht, wird es schnell kalt und einsam in Graceland. Und je erwachsener und reifer Priscilla wird, desto deutlicher zeichnet sich ab, dass es nicht genügt, was er ihr geben kann. Nicht jedes Märchen geht gut aus.

Während sich Baz Luhrmann jüngst in »Elvis« für die überlebensgroße Ikone interessierte, erscheint es nur logisch, dass Sofia Coppola mit ihrem Gespür für weibliche Figuren und die an sie gestellten Erwartungen nun das wenig bekannte Leben der Frau an seiner Seite beleuchtet. Sie lässt sich viel Zeit, diese Jahre zu erzählen. Das scheinbar naive Mädchen, das sein Idol anhimmelt und sich im Luxusleben einnistet, lernt irgendwann Überforderungen und einsame Momente kennen, bis langsam ein Drang zur Selbstbestimmung erwacht. Coppola inszeniert das nicht platt als Heldinnengeschichte, sondern lässt subtil Fragen und Ambivalenzen stehen. Auch dank der 25-jährigen Hauptdarstellerin Cailee Spaeny, die Priscilla faszinierend zurückgenommen verkörpert und so ihr Geheimnis bewahrt. Dafür wurde sie beim Filmfest Venedig verdient als beste Schauspielerin ausgezeichnet.

Der Soundtrack stammt, bis auf wenige Ausnahmen, erneut von Phoenix, der französischen Band von Coppolas Ehemann Thomas Mars. Statt eines Elvis-Songs ist am Ende die große Trennungshymne »I Will Always Love You« zu hören, geschrieben und gesungen von Dolly Parton. Das Lied wollte Elvis in den frühen Siebzigern selbst covern, die Countrysängerin hatte dem King damals einen Korb gegeben, um die Rechte und damit die Kontrolle zu behalten. Nun erklingt es für Priscilla in diesem vielschichtigen Porträt einer jungen Frau auf der Suche nach sich und ihrem Platz in der Welt.

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