Kritik zu Pirates of the Caribbean: Salazars Rache
Knallchargenfestpiele: In seiner fünften Ausgabe findet das »Fluch der Karibik«-Franchise mit Irrwitz an allen Ecken und Enden und Spezialeffekten vom Allerfeinsten zur Form zurück
Es geht bergab mit den Piraten. Kapitän Sparrow (Johnny Depp) trinkt mehr Rum, als ihm guttut, und fristet sein glückloses Dasein auf einer kümmerlichen Nussschale namens »Dying Gull«, die zudem am Strand irgendeiner unbedeutenden Insel aufgebockt ist, anstatt die sieben Weltmeere zu befahren. Kapitän Barbossa (Geoffrey Rush) wiederum hat sich seinem bekannten Hang zum Pomp ergeben und residiert auf einem Schlachtschiff, dessen Ausstattung an eine bayrische Barockkirche gemahnt. Die Miniversion der »Black Pearl« steckt immer noch in jener Buddel fest, in die Blackbeard (Ian McShane) sie hineingezaubert hat, während die Engländer (diesmal unter dem Kommando von David Wenham) unermüdlich an der karibikweiten Vernichtung freibeuterischer Projekte arbeiten. Alles wie immer also, wäre da nicht der übermotivierte Jungspund Henry (Brenton Thwaites) aus der Turner-Sippe, der seinen Vater vom Fluch des Davy Jones befreien will. Sowie die damsel in distress, Carina (Kaya Scodelario), die die Dinge kompliziert. Und obendrauf ein gewisser Kapitän Salazar (Javier Bardem) – Anführer einer furchteinflößenden Armee von Toten, die in Einzelteilen durch die Luft wabern –, der mit Sparrow das übliche Hühnchen zu rupfen hat.
»Salazars Rache«, der fünfte Eintrag in der »Pirates of the Caribbean«-Saga, segelt unter den norwegischen Regiekapitänen Joachim Rønning und Espen Sandberg, die 2012 in »Kon-Tiki« das Abenteuer von Thor Heyerdahls Pazifiküberquerung erzählten und damit ihre Seetauglichkeit unter Beweis stellten. Wie die Vorgängerfilme zeichnet sich auch dieser aus durch den jederzeit möglichen Verlust an Bodenhaftung, das frei flottierende Drauflosfabulieren, viele unvorhersehbare Handlungswendungen und quasi minütlich wechselnde Allianzen des exzentrischen Personals.
Haare in der Franchise-Suppe lassen sich freilich immer finden, und der Lieblingsvorwurf der Kritik lautet denn auch: Maßlosigkeit bis hin zu Aufgeblähtheit und daraus folgende Explosion in die totale Sinnlosigkeit. Diese wohlfeile Anschuldigung ändert jedoch weder etwas am enormen Erfolg der Filme noch tut sie der Tatsache Abbruch, dass sie sich in der Liga der sündhaft teuren Megablockbuster eine Nische erobert haben, in der halt einfach nur Seemannsgarn gesponnen wird. Wilde Märchen für Erwachsene, prallvoll mit elaborierten Fantasy-Settings, rasanten Segelmanövern, schwereloser Action zu Lande, zu Wasser und in der Luft, monströsen Fabelwesen und mythischen Gestalten. Und jeder Menge alberner Gags.
Allerdings gerät diese freie Heimstatt von Spielfreude und Erfindungsgeist diesmal unter schweren Beschuss mit Disney-typischen Familienwerten, abgefeuert von einem Drehbuch (Jeff Nathanson), das sich zudem mit unnötig misogynen Geschlechterrollenklischees herumschlägt. Mehr als einmal kracht es gefährlich im Gebälk und droht die geneigte Zuschauerin mit Meuterei. Doch dann reitet die wiedererstandene »Black Pearl« frech auf der Rasierklinge einer Meereskluft und bietet einen ebenso absurden wie atemberaubenden Anblick. Reiner Wahnwitz, der gnädig stimmt. Hat er ja schon immer.
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