Kritik zu The Persian Version
Vom Iran der 60er Jahre zum New Jersey der Gegenwart: Maryam Keshavarz Culture-Clash-Komödie basiert auf eigenen Erfahrungen
Zwei Seelen, oder besser zwei Kulturen, schlagen in Leilas Brust, das macht gleich die allererste Szene plakativ klar: Untenrum nackte Beine, eine pinkfarbene Bikinihose und Badeschlappen, dazu ein Surfboard. Obenrum züchtig verhüllt in dunklem Stoff, der nur die Augenpartie freigibt. Kein Zweifel, es zerreißt die junge Frau, während sie metaphorisch aufgeladen über die Brooklyn Bridge zur Halloween-Party läuft. Leila sehnt sich danach, ihr iranisches Erbe und ihre amerikanische Staatsbürgerschaft zu versöhnen.
Man kennt das Problem bereits aus anderen filmischen Umsetzungen. Während die Eltern die Traditionen ihrer Herkunft wahren, emanzipieren sich die Kinder, wobei allerlei komödiantische Reibungsfunken freigesetzt werden. Leila (Layla Mohammadi) ist eine temperamentvolle junge Frau, mit ihrer sprudelnden Energie und feurigen Leidenschaft gibt sie Tempo und Stimmung des Films vor, den es dabei aber auch immer wieder fast zu zerreißen droht. Gleichzeitig hat dieses ungestüme Temperament aber auch etwas sehr Mitreißendes, das die Geschichte in einem wilden Ritt durch die Vielfalt der Themen und Motive treibt, wie Queersein als Muslimin, Schwangerschaft nach einem One-Night-Stand, Krankheit des Vaters und, und, und . . .
Leila ist das Alter Ego von Maryam Keshavarz, die nicht nur Regie geführt, sondern auch das Drehbuch geschrieben hat, in dem sie ihre eigenen Erfahrungen mit Kulturclash und Generationenkonflikt verarbeitet. Damit reiht sie sich in eine neue Generation von Filmemachern ein, die derzeit vermehrt aus der Perspektive von Immigranten erzählen. In filmischen Erzählungen habe sie vergeblich nach ihrer Lebenswirklichkeit gesucht, hat Maryam Keshavarz in Interviews bekundet, diese Lücke wollte sie nun füllen, auf unterhaltsame und komische Weise, zugleich sehr persönlich und universell.
Wie Leila im Film wuchs auch Keshavarz mit einer Schar von Brüdern auf. In ihrer Mutter, einer erfolgreichen Geschäftsfrau, hat sie ein wehrhaftes, dynamisches Vorbild: »Niemand hat meiner Mutter das Memo gegeben, dass muslimische Frauen passive, gute Mädchen sein sollen«, kommentiert Leila aus dem Off, während die Mutter mit entschlossenen Schritten, im schicken Kostüm mit wippenden Locken und funkelnden Augen, die Geschäftswelt erobert. Man könnte vermuten, dass sich Mutter und Tochter in dieser männerdominierten Welt verbünden, stattdessen wird ihr Verhältnis von einem Familiengeheimnis getrübt, das der Film langsam entblättert, indem er drei Erzählebenen und Perspektiven miteinander verwebt, die der Großmutter im Iran der 60er Jahre, die der Mutter im New York der 80er und die der Tochter und Enkelin im New Jersey der Gegenwart. Cyndi Laupers »Girls Just Wanna Have Fun« wird dabei zum Mottosong dieser Frauen, die die Deutungshoheit über ihr Leben einfordern.
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