Kritik zu Niemals allein, immer zusammen
Die Regisseurin und Filmstudentin Joana Georgi versammelt für ihren ersten dokumentarischen Langfilm fünf junge Links-AktivistInnen aus Berlin
Fünf junge Menschen in Berlin, die im linksradikalen Spektrum aktiv sind – zwei bezeichnen sich ausdrücklich als Kommunisten. Praktisch sind sie vor allem bei Demos, politischen Veranstaltungen und im Netz unterwegs, mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten: Quang ist einer der PressesprecherInnen von »Fridays for Future«. Zaza lernt Krankenpflege und ist gewerkschaftlich mit und jenseits von Verdi für Pflege-und Azubi-Interessen aktiv. Patricia agitiert für »Deutsche Wohnen & Co Enteignen« und verdient sich ihr Brot im Neuköllner Ortsbüro der Partei der Linken. Simin schwingt als Studentin der Politikwissenschaft leidenschaftliche Reden für die Sache der Arbeiterklasse. Und dann ist da noch Feline, die »Luxus für alle« fordert und sich nach eigener Auskunft und ohne nähere Erklärung der Umstände »als alleinerziehende Mutter« politisch radikalisiert habe und den Film erzählend begleitet. Ihre Tochter lernt von ihr Empathie für die Opfer von Hanau und Sätze wie: »Ich habe nichts gegen Klassenjustiz, ich mag nur die Klasse nicht, die so was macht.«
Ein Teil der Gruppe kannte sich schon vor dem Dreh, andere wie Feline wurden eigens für das bewusst divers aufgestellte Filmprojekt gecastet. Während der einjährigen Dreharbeiten ab Januar 2022 treffen sich die »Protas« (wie die Regisseurin sie im Presseheft nennt) hin und wieder zu zweit oder in kleineren Gruppen, Beginn und Ende des Films sind von einer gemeinsamen Kaffeerunde mit lockerer Diskussion gerahmt. Ansonsten ist jeder Person sukzessive ein Abschnitt des Films gewidmet, wobei nur bei Patricia und Zaza auch die berufliche Situation thematisiert wird. Ansonsten gibt es reichlich Demonstrationen gegen Mietwucher oder Rassismus oder eine Kundgebung, wo die junge Politikwissenschaftlerin eine lange Schmähsuada gegen »die Bullen« ins Mikrofon gibt. Wichtige Momente des politischen Alltags sind aber auch – schlicht oder aufwendig einfallsreich inszenierte –Statements für diverse Social Media, die die junge Regisseurin Joana Georgi als grafische Momente in ihren Film einmontiert.
Argumentativ näher erläutert werden die politischen Positionen der einzelnen Personen im Film nicht, weil es Georgi offensichtlich mehr um die Präsentation des Aktivismus an sich als um die Auseinandersetzung mit dessen konkreten Inhalten geht. Dabei würden sich sicherlich manche Zuschauerinnen (wie auch die Autorin) dafür interessieren, wie denn der von den jungen Menschen im Jahr 2022 verfochtene Kommunismus genauer aussehen soll und wie sich diese im historischen Feld revolutionärer Bewegungen positionieren. So ist Niemals allein in samt dem dazugehörigen durchgängigen Jugendsprech als Zeit- und Szenedokument aufschlussreich, leidet als Dokumentarfilm aber an mangelnder Tiefe und Distanz zum Gegenstand. Zum Ende sei noch als witziger Randaspekt vermerkt, dass Quang – Sohn vietnamesischer Vertragsarbeiter in Berlin –
ausgerechnet die Alman-typische Gewohnheit häuslicher Wasser- und Stromknauserei für eine dezidiert migrantische Verhaltensweise hält.
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