Kritik zu National Bird
Dass die Kriegsführung mittels Drohnen - also Bomben, die präzise ihr Ziel treffen und damit Verluste in der Zivilbevölkerung vermeiden sollen – eine »saubere Kriegsführung« ist, wird von offizieller Seite immer wieder verkündet. Auch Spielfilme, wie etwa »London has Fallen« zementieren das. Bemerkenswerterweise sind die beiden englischsprachigen Spielfilme, die eine gegenläufige Auffassung vertreten, hierzulande nicht ins Kino gekommen, sondern erschienen nur als Heimkino-Premieren, Andrew Niccols »Good Kill – Tod aus der Luft« (2014) ebenso wie Gavin Hoods »Eye in the Sky« (2015).
Der Dokumentarfilm »National Bird« begleitet drei ehemalige Militärangehörige, die sich entschlossen haben, ihr Schweigen zu brechen: Heather, eine ehemalige Drohnen-Analystin, für die das Militär zu Beginn eine Möglichkeit war, der Kleinstadttristesse zu entfliehen, Daniel, der ganz unten, wohnungslos, war, als er sich entschloss, zur Luftwaffe zu gehen, obwohl er wusste, dass das seinen Überzeugungen widersprach, und der von dort schließlich an eine private Firma vermittelt wurde, und Lisa, die mit der idealistischen Vorstellung zum Militär kam, sie könne mit ihrer Tätigkeit Menschen helfen. Sie alle befinden sich in der Zeit, wo der Film sie begleitet, in einem Moment des Umbruchs: Heather meldet sich auf der Webseite des »Guardian« zu Wort und erhält dafür nicht nur zustimmende Kommentare, woraufhin sie sich fragt, ob sie wirklich das Richtige getan hat; Daniel berichtet, wie spätabends zwei FBI-Agenten an seiner Tür klingelten, ihm mitteilten, dass wegen Spionageverdachts gegen ihn ermittelt würde, woraufhin zwanzig schwer bewaffnete Mitglieder eines Spezialkommandos sein Haus durchsuchten; Heather nimmt Kontakt zu einer Rechtsanwältin auf, die schon andere Whistleblower vertreten hat, um zu erfahren, was sie überhaupt sagen darf. Als ihre Nachbarin Asma, die einmal im Jahr als Freiwillige nach Afghanistan fährt, dorthin aufbricht, begleitet sie sie, um dem Land und den Leuten etwas zurück zu geben. Es ist der Druck, unter dem die Drei stehen, den Sonia Kennebeck immer wieder in eindringlichen Momenten festhält: Heather, die kurz vor einem Zusammenbruch ist und anfängt zu weinen, Daniel, der plötzlich in seiner Erzählung stockt, unsicher, was er sagen darf, Lisa, die erkannt hat, dass, obwohl sie selber keine Knöpfe drückte, auch sie sich schuldig gemacht hat.
Einen Drohnenangriff simuliert der Film durch ein Reenactment, bei dem weniger die Bilder der Überwachungssatelliten im Gedächtnis bleiben als die zynischen Bemerkungen der Soldaten (beglaubigt durch einen Blick auf die Abschrift der Gespräche), dass die Menschen, die da ins Visier genommen werden, mit großer Wahrscheinlichkeit Terroristen sind. Den Moment, endlich auf den Knopf drücken zu können, können sie kaum noch erwarten – Heather spricht einmal von dem Adrenalin-Rausch, den auch sie bei ihrer Tätigkeit empfand. Am Ende des Einsatzes stehen 23 zivile Tote, bei denen keine einzige Waffe gefunden wurde.
Der Film endet mit kleinen Momenten der Hoffnung: weniger für Daniel, der noch immer wegen Spionage angeklagt und derzeit untergetaucht ist, bei Heather wurde eine posttraumatische Störung diagnostiziert, womit sie sich eine Invalidenrente erstreiten konnte, während Lisa ein Studium aufgenommen hat und ihre nächste Afghanistanreise plant.
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