Kritik zu Love Steaks

© daredo media

2013
Original-Titel: 
Love Steaks 
Filmstart in Deutschland: 
27.03.2014
L: 
89 Min
FSK: 
12

Nach Dogma kommt Fogma: Regisseur Jakob Lass will in der Kombination von Improvisation, Dokumentation und Spielfilm etwas Neues schaffen und eine Liebesgeschichte erzählen, die schräg, wild und beherzt zugleich ist

Das Bild ist verschwommen, leicht wackelig, die Kamera befindet sich schräg unten, in einer etwas geduckten Position. Die ersten Worte auf der Leinwand klingen hilflos und ungeübt. Wir befinden uns in einem Hotel an der See, ein junger Masseur tritt seine Stelle an. So beginnt Love Steaks, der neue Film des jungen Berliner Regisseurs Jakob Lass, der in diesem Jahr in Saarbrücken mit dem Max Ophüls Preis ausgezeichnet wurde. Lass charakterisiert seinen Liebesfilm selbst mit wenigen schmissigen Worten: »Ein Masseur. Eine Köchin. Ein junges Paar auf’s Maul.« Viel mehr braucht es nicht, um den Film zusammenzufassen. Clemens und Lara finden einander ohne große Romantik, es knistert zwischen ihnen, aber ganz unsentimental. Clemens ist die Vernunft und Lara der Trieb. Dass sie dazu ein Alkoholproblem hat, macht die Affäre um so spannender. Bis Clemens seinen Beschützerinstinkt zu sehr auslebt und fast alles zerstört.

Wenn man von der Liebe noch einmal ganz anders erzählen will, muss man sich etwas einfallen lassen. Dazu hat Jakob Lass das Dogma seiner dänischen Kollegen um Lars von Trier weiterentwickelt und es Fogma genannt. Fogma steht für Freiheit und verbindet drei Genres tatkräftig und neu miteinander: »Die starke Narration eines Drehbuchfilms, die Frische und Spielfreude eines Improfilms, und die authentische Absurdität eines Dokumentarfilms«, so heißt es in dem Manifest. Dazu gibt es zwölf Regeln, die Mut, Risiko und Lebensfreude propagieren, dem Filmemacher aber kaum Vorschriften machen. Doch die Kombination aus wirklichen Hotelangestellten und Schauspielern, die größtenteils improvisierten Text sprechen, der Verzicht auf viele Takes und die Irritation im Schnitt, das sind die Merkmale, die Love Steaks bestimmen und die Besonderheit des Filmes ausmachen. Somit wird die Liebesgeschichte von geigenklingendem Pathos befreit und dort verortet, wo sie stattfindet, in einem kargen Raum zwischen Flur und Lager, in dem Clemens notdürftig untergebracht ist. Flüsternde Liebesschwüre gibt es nicht, stattdessen frechen, herausfordernden Sex.

Lass setzt auf Natürlichkeit, um seine ungewöhnliche Geschichte zu erzählen. Er benutzt vertraute Bilder, unaufgeregte Dialoge und führt damit in absonderliche Situationen, wenn Lara und ihre Mitköche sich hemmungslos betrinken, eine Pfanne voller Fett auf dem Boden ausgeschüttet wird oder Clemens sich der Zudringlichkeiten einer älteren Frau erwehren muss. Das Hotel bleibt ein Ort der Begegnungen anderer Art, kein Refugium und doch eine Welt zwischen Arbeit und Genuss, die ihren eigenen Gesetzen folgt. Treibend wirken die Bilder – und das, obwohl sie kaum mit Musik unterlegt sind. Umstandslos und uneitel wird hier von zwei Menschen erzählt, die in der Nähe zueinander feststellen, dass sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Was das für ihre Liebe bedeutet und ob diese irgendeinen Bestand haben kann, bleibt in der radikalen Gegenwärtigkeit des Filmes natürlich offen. Dabei ist Love Steaks ein mutiger Beitrag zur Frage nach der Form des modernen Films und eine starke Geschichte gleichermaßen.

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