Kritik zu Ins Blaue

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Seit mehr als vier Jahrzehnten gelingt es Rudolf Thome, sein Genre der beiläufig erzählten Komödien ins Kino zu bringen. Verlässlich spinnen seine Filme immer neue Varianten seiner Lieblingsthemen aus

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Bei Thome tun die schönen Frauen an malerischen Schauplätzen ziemlich verrückte Dinge, die Männer wollen dabei nicht zurückstehen, sehen aber am Ende ungleich zerrupfter aus. Wichtig dabei: Rudolf Thomes Filme folgen unbeirrt dem Glauben, das wirkliche Leben finde vor der Kamera seine schönste Fortsetzung.

Auch sein 36. Film »Ins Blaue« bricht die goldene Regel nicht. Doch der Regisseur hat die siebzig überschritten, Zeit also, die Irrungen des Alters ins Spiel zu bringen und die Kuriositäten des eigenen Handwerks milde zu belächeln. So handelt »Ins Blaue« von den Abenteuern einer kleinen Filmcrew, die sich nach Italien aufmacht, um in etwas schnoddriger Cinema-direct-Manier Dreharbeiten fortzuführen. Das sieht nach einem Low-Budget- Film und verworrenen Drehbuchskizzen aus, doch den Spaß mindern diese Umstände wenig – bis zu einer gewissen Grenze.

Nike (Alice Dwyer), eine resolute Jungregisseurin, reist mit ihrem Vater Abraham Rabenthal (Vadim Glowna in seiner letzten Filmrolle), einem alten Filmproduzenten, Richtung Bari, um in seinem an der Küste gelegenen Traumhaus zu drehen. Rabenthal erfährt unterwegs von der Ablehnung eines Förderantrags und so wird flugs entschieden, dass er aus Gründen der Kostenersparnis selbst die Rolle des Herbert Wittgenstein, Bruder des großen Philosophen, übernimmt.

Hauptdarstellerinnen des Films im Film sind die jungen Schauspielerinnen Laura, Eva und Josephine (Elisabeth Leistikow, Esther Zimmering, Janina Rudenska), drei Minirock tragende, viel Haut zeigende Grazien aus Thomes Figurenrepertoire. Tonmann Lukas (Christian Althoff) wird im Lauf der Ereignisse schließlich die Hand der Regisseurin halten, Regieassistent Paul (Henning Vogt) dagegen bei Josephine abblitzen. Eva verführt den Schauspieler Wilhelm (Stefan Rudolf), der einen bayrischen Franziskaner-Mönch gibt.

Pointen, Stimmungen, verführerische Leichtigkeit tragen »Ins Blaue«; eine gradlinige Story würde da nur stören. Pasolinis »Bocchaccio«-Film, Godards »Die Verachtung«, viele andereItalienfilme des Kinos grüßen Thomes Trash-Komödie wie große Paten. Bernadette Paaßens lichtdurchflutete ruhige Totalen spenden dem Abenteuer Glanz.

Selbst letzte Dinge werden in solch lässiger Atmosphäre wie Smalltalk erörtert. Warum hat der Mönch kein Handy? Weil man mit Gott nicht telefonieren kann. Ist Gott tot? Nein, er ist alles, in uns und überall.

Rabenthaler schließlich kommt dazu, dem Leichtsinn eine Spur Drama beizumengen. Der gealterte Vadim Glowna lässt sich augenzwinkernd auf dieses letzte souveräne Spiel mit den Klischees ein. Im Film seiner Tochter will er die abweisende Eva endlich noch einmal in sein Bett bringen. Doch worauf sich die Schauspielerin vor den Dreharbeiten einließ, um die Rolle zu bekommen, ist ihr jetzt zuwider. Das Leben findet vor der Kamera vielleicht doch nicht immer seine schönste Fortsetzung. Für einen kurzen Moment gibt es Ärger im Paradies, dann ereilt Abraham/Glowna das Los der Rudolf Thome-Männer.

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