Kritik zu Hinter den Wolken

© Pandora

2016
Original-Titel: 
Achter de wolken
Filmstart in Deutschland: 
20.10.2016
L: 
108 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Dezenter, zielgruppenorientierter belgischer Film um eine großbürgerliche Witwe, die nach 53 Jahren die Beziehung zu einem alten Verehrer wieder aufnimmt

Bewertung: 2
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Gerard taucht bereits auf der Beerdigung von Emmas Mann auf. Zwischen Zaghaftigkeit und Johannistrieb finden die Witwe und ihre alte Jugendliebe bald neu zusammen. Die Forderung nach mehr Filmen für ein Seniorenpublikum wird in diesem belgischen Drama erhört. Und da in Paarbeziehungen, wie Statistiken besagen, meist Frauen die Abendgestaltung bestimmen, ist das Szenario wie auch im französischen Pendant »Willkommen im Hotel Mama« eher auf die weibliche Zielgruppe gemünzt. Dass die Annäherung dieses Ü-70-Paares aus Emmas Sicht geschildert wird, ist allerdings auch der Pferdefuß des dezenten, von Brahms und Schmusemusik untermalten Liebesfilms. Denn Emma ist eine geradezu ärgerlich nichtssagende Person: Die Witwe eines Firmenbesitzers, Mutter und Großmutter einer erwachsenen Enkelin scheint eine Frau ohne Interessen oder Freunde zu sein. Von ihrem alten Verehrer erfährt man, dass er zwei Ehen hinter sich hat, mal Romane schrieb und sich um seinen dementen Bruder kümmert. Doch die Dramen vor der 53 Jahre währenden totalen Funkstille – Gerard bekam von seinem besten Freund nicht nur die Freundin geklaut, sondern dieser hat ihm auch akademisch den Rang abgelaufen – werden kaum vertieft. Stattdessen muss Emma sich auf uninteressanten Nebenkriegsschauplätzen bewähren.

So macht die Tochter, selbst in eine ungute Affäre mit einem verheirateten Mann verstrickt, ihrer verliebten Mutter bittere Vorhaltungen. Das Zerwürfnis wirkt weit unglaubwürdiger als in der Komödie Willkommen im Hotel Mama, in der die Kinder angesichts der Enthüllung, dass ihre Mutter schon zu Lebzeiten des Vaters einen Lover hatte, zu Recht befremdet sind. Und Hand aufs Herz: Im wahren Leben dürfte erwachsenen Kindern eine lustige Witwe à la longue lieber sein als eine trauernde. Frech ist in diesem dezenten Film nur das Vorspiel zum »Retrosex«, in dem Gerard seiner Geliebten zunächst seine Gebrechen aufzählt, bevor sie zur Tat schreiten. Das ist zwar charmanter als etwa in Andreas Dresens Wolke neun. Im Grunde aber unterstellt der wohlmeinende Film seinem »Senioren«-Publikum eine Biederkeit, die mit dem wahren Leben wenig zu tun hat.

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