Kritik zu Erlöse uns von dem Bösen
Was haben The Doors mit dem absolut Bösen zu schaffen? Nur eine von vielen Fragen, die in diesem atmosphärischen Cop-Horrorthriller unbeantwortet bleiben
Antike Stätten im Irak scheinen es in sich zu haben. Bereits William Friedkins Exorzist begegnete dort bei Ausgrabungen dem Dämon Pazuzu. Im Prolog von Erlöse uns von dem Bösen stoßen ein paar US-Marines 2010 bei einem Gefecht in der Wüste auf ein Höhlensystem, in dem sich Unheimliches verbirgt – das sie dann in ihre Heimat importieren. Die Metapher hat einen gewissen Charme: Der Krieg befreit das unter der Oberfläche schlummernde Böse, und die Soldaten tragen es in ihr ziviles Leben hinein – sie infizieren sich und ihre Gesellschaft mit dem Grauen, das sie erleben.
Was jenes Ereignis im Irak bewirkt, scheint denn auch zunächst nicht besonders übersinnlich, sondern furchtbar real: Mit Misshandlungen in der Familie beginnt der Reigen von Fällen, die jedoch immer rätselhafter werden und zwischen denen der hartgesottene New Yorker Cop Ralph Sarchie – Eric Bana mit einer differenzierten Darstellung – erst nach und nach eine Verbindung erkennt. Bisher unauffällige Bürger begehen wie unter Hypnose schreckliche Taten; in einem Haus mehren sich unerklärliche Phänomene; an verschiedenen Orten entdeckt man die gleichen archaischen Schriftzeichen. Eine ungesunde Rolle bei diesen Umtrieben kommt auch den Doors-Songs »Break On Through« und »People Are Strange« zu, obwohl diese ja mit einem ganz anderen Krieg verbunden sind – und nicht einmal rückwärts abgespielt werden.
Regisseur Scott Derrickson hat mit Der Exorzismus von Emily Rose und Sinister ein Händchen für atmosphärischen Horror bewiesen. In der Verfilmung des angeblich auf eigenen Erlebnissen beruhenden Buchs des echten Sergeant Sarchie legen sich Derrickson und sein Produzent Jerry Bruckheimer nun ebenfalls ins Zeug, um den Zuschauer zu verunsichern. Die South Bronx im Dauerregen à la Sieben, die nachtschwarze Dunkelheit der meisten Szenerien, oft nur von Taschenlampen durchbrochen, und ein Übermaß an bedeutungsheischenden Details sorgen für eine konstant beklemmende Atmosphäre. Doch wirklich unheimlich sind nur wenige Momente, und worauf der Plot hinauslaufen wird, deutet sich sehr früh an. Immerhin sorgt eine gewisse Ambivalenz in der Darstellung von Sarchies Erlebnissen für produktive Verunsicherung. Könnte es sein, dass der seelisch angeschlagene Cop sich viel mehr Unheimliches zusammenhalluziniert, als tatsächlich geschieht?
Da ist allerdings der Undercover(!)-Jesuitenpriester Mendoza vor, gespielt von Édgar Ramírez, dessen Talent hier an eine schablonenhafte Rolle verschenkt wird. Spätestens seine spirituelle Intervention verschiebt den Copthriller endgültig zum Exorzistendrama und treibt neben dem bösen Dämon auch gleich die Subtexte von Kriegstraumata und Kindesmisshandlung aus. Eine Litanei aus Genrestereotypen lässt alle interessanten Ansätze schlichtweg zur Hölle fahren. Die Konfrontation zwischen Polizeiarbeit und Paranormalem, der auch innerseelische Kampf zwischen Gut und Böse – also all das, was für Spannung sorgte, mündet in öde Eindeutigkeit.
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