Kritik zu Downton Abbey II: Eine neue Ära
Von einer doppelten Zeitenwende erzählt der zweite Kinoableger der erfolgreichen BBC-Serie. Die eine betrifft die Adelsfamilie im Mittelpunkt der Geschichte und endet mit einem Todesfall, die andere ist eine kulturelle
Für Aufregung sorgt zu Beginn des Films die Mitteilung, dass die Countess of Grantham, die Patriarchin der Familie, eine Villa in Frankreich geerbt hat – von einem Mann, den sie kannte, bevor sie ihren späteren Ehemann kennenlernte. Das macht die Familie neugierig, so beschließt man einen gemeinsamen sommerlichen Trip nach Frankreich. Das trifft sich gut, denn auf Downton Abbey droht die nächste Invasion: War es im vorangegangenen Film königlicher Besuch, so ist es diesmal »nur« eine Filmcrew. Das Ansinnen, Fremde für vier Wochen in den eigenen vier Wänden zu wissen, würde Lord Grantham eigentlich sofort zurückweisen, aber mit der beträchtlichen Summe, die dafür geboten wird, könnte man die Reparatur des Daches finanzieren. Das macht Lady Mary, an die er bereits das Zepter übergeben hatte, ihm klar. Sie selbst wird daheim bleiben und nach dem Rechten sehen.
Während der Sohn des verstorbenen Marquis de Montheuil sie freundlich empfängt, ist seine Mutter, die Witwe des Verstorbenen, auf die Engländer gar nicht gut zu sprechen: Sie plant, das Testament anzufechten, sieht keinen Grund, auf eines von mehreren ihr vererbten Häusern zu verzichten. Die Frage, warum der Verstorbene eine so großzügige Schenkung gemacht hat, treibt allerdings auch Lord Grantham um, zumal Nachforschungen ergeben, dass er neun Monate nach der Begegnung seiner Mutter mit dem Marquis geboren wurde. »Bin ich etwa der Bastardsohn eines Franzosen?!«, ruft er empört aus – so viel zur Fortschrittlichkeit britischen Adels.
Auf Downton Abbey sieht sich unterdessen der Filmregisseur damit konfrontiert, dass das Publikum nur noch in die neuen Tonfilme strömt (man schreibt das Jahr 1928) und die Dreharbeiten deshalb abgebrochen werden sollen. Doch Lady Mary hat eine geniale Idee – aus dem Stummfilm wird ein Tonfilm. Wenn nur die Hauptdarstellerin nicht eine ähnlich unpassende Stimme hätte wie jene in »Singing in the Rain« ...
Ging es mit einem versuchten Attentat auf den Monarchen im Vorgängerfilm einmal höchst dramatisch zu, so wirkt dieser auf den ersten Blick leichtgewichtiger, etwa was die Filmbesessenheit von Teilen des Personals anbelangt. Dafür findet der Film am Ende eine hübsche Auflösung, so wie die vielfachen Happy Ends in ihrer Häufung schon etwas Ironisches haben. Geschichten aus dem Vorgängerfilm werden fortgeschrieben, ein Baby kommt zur Welt, zwei ältere Menschen finden endlich zusammen, Chefbutler James wird ein weiteres Mal aus dem Ruhestand geholt.
Die Regie hat diesmal Simon Curtis übernommen, der schon mit »My Week with Marilyn«, »Die Frau in Gold« und »Enzo und die wundersame Welt der Menschen« eine Balance zwischen Familien- und Zeitgeschichte herzustellen verstand – aber Mastermind ist einmal mehr der Serienschöpfer Julian Fellowes, der die zahlreichen Personen geschickt miteinander in Beziehung setzt. Wer die Serie und den Vorgängerfilm mochte, kommt auch diesmal auf seine Kosten.
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Ein Satz für die Ewigkeit
“Stop that noise, I can’t hear myself die.” — Violet Crawley, Dowager Countess of Grantham
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