Kritik zu Die Croods
Das Steinzeitspektakel aus der Animationsschmiede der Dreamworks-Studios setzt weniger auf eine stringente Story als auf eine episodenhafte Erzählstruktur mit Actioneinlagen
Habt niemals keine Angst«, lautet das Credo, auf das Vater Grug seine Familie einschwört. Denn wer keine Angst hat, wird gefressen, so wie der Rest der Verwandtschaft, die im steinzeitlichen Überlebenskampf den Kürzeren gezogen hat. In einer finsteren Höhle wohnt Grug mit Frau, drei Kindern und einer Schwiegermutter. Die unwirtliche Behausung wird nur zur Nahrungssuche verlassen und schon bei der Frühstücksbeschaffung fährt der Darwinismus seine Krallen aus. In Kampfformation tritt die Familie heraus, um einem wehrhaften Vogel das Ei zu stehlen. Die anschließende Verfolgungsjagd durch die verödete Wüstenlandschaft gleicht einem Rugbyspiel, bei dem mit vollem Lebenseinsatz gespielt wird. Überall schnellen Tiere hervor, deren scharfe Gebisse nach den Menschen schnappen.
Jedes Familienmitglied hat seine Funktion bei dem Versuch, das Ei (und sich selbst) unversehrt zur Höhle zu bringen. So viel Stress für ein paar Tropfen Protein – das Leben in der Steinzeit ist kein Zuckerschlecken und die pubertierende Tochter Eep hat genug vom Höhlendasein. Sie verspürt genau jene Neugierde, vor der sie ihr Vater immer gewarnt hat. Die treibt sie eines Nachts hinaus, als ein Lichtschein durch einen Spalt in die Höhle dringt. Draußen schleicht ein schmucker Junge mit einer Fackel durch die Dunkelheit und nicht allein das ihr unbekannte Feuer weckt das Interesse des abenteuerlustigen Mädchens. Guy ist nicht nur ein hübscher Bursche, sondern auch ein helles Köpfchen, der den Herausforderungen des Überlebenskampfes mit Erfindergeist entgegentritt. »Ideen« – wieder so ein Wort, das Grug verabscheut, aber als ein Erdbeben ihr Zuhause zerstört, muss sich die Familie mit dem feschen Schlaumeier zusammentun. Denn die Welt fällt auseinander, die Kontinentalplatten beginnen sich zu verschieben und nur wer zu Neuem aufbricht, kann überleben.
Mit Die Croods knüpfen die Dreamworks- Studios gleich an zwei erfolgreiche Animationsvorlagen an: zum einen an den Fernsehklassiker »Familie Feuerstein«, der das moderne Leben der 50er Jahre in die Steinzeit transferierte. Zum anderen an das Franchise Ice Age, das die prähistorische Kulisse in vier Folgen äußerst gewinnbringend vermarktete. Mit seinem Fokus auf die Anstrengungen des Überlebenskampfes grenzen sich Die Croods durch eine »realistischere« Darstellung steinzeitlicher Verhältnisse von den zivilisierten »Feuersteins« ab. Die Familienstrukturen hingegen scheinen vom kriselnden Patriarchen, über die rebellische Tochter und den linkischen Sohn bis zur garstigen Schwiegermutter direkt aus einem recht gegenwärtigen Seifenoperformat importiert. Die Croods setzt weniger auf eine stringente Story und ausgetüftelte Plotkonstruktionen als auf eine episodenhafte Erzählstruktur, die mit regelmäßigen Actioneinlagen dem vermeintlich defizitären Aufnahmevermögen des jungen Publikums entgegenkommt. Unter das steinzeitliche Off-Road-Movie haben die Filmemacher Chris Sanders und Kirk De Micco jedoch einen metaphorischen Resonanzraum gezogen, in dem allerhand Lebensweisheiten verhandelt werden. Wenn der Familie im Zuge der Erdplattenverschiebung buchstäblich der Boden unter den Füßen wegbricht und angesichts der Katastrophe der Glaube an den Fortschritt gepriesen wird, dann wirkt der Film teilweise wie eine Sonntagspredigt, die ihre Botschaft der Hoffnung unter das wirtschaftskrisengeschüttelte Volk bringen will.
»Folge dem Licht«, heißt es mehr als einmal auf der Reise ins Unbekannte, die von Wüsten- und Bergregionen bis hin zu farbenprächtigen Dschungelwelten durch überwältigende 3D-Landschaften führt. Wenn dann schließlich die Erde aufreißt und sich die neue Welt von der alten löst, muss sich die Familie entscheiden, wohin sie gehört, und es ist ausgerechnet Grug, der die Verwandtschaft mit seiner geballten Muskelkraft auf die andere Seite katapultiert. Mit dem Exodus ins Unbekannte werden hier nicht nur biblische Motive, sondern vor allem auch uramerikanische Pioniermythen zitiert. So sehr Die Croods die Neugier und Innovationskraft des menschlichen Wesens beschwört, nährt sich das aufdringlich positive Denken des Films jedoch von allzu altbewährten Glaubensbekenntnissen.
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