Kritik zu Das Gesetz der Ehre
Stolze Väter, zerrissene Söhne und böse Schwiegersöhne: Edward Norton geht als New Yorker Cop einer Korruptionsaffäre bei der Polizei nach
Wie »boy meets girl« gehört auch »cops and robbers« zu den schönsten Geschichten, die man im Kino erzählen kann. Man muss nur wissen, wie man ihr jedes Mal eine frische Perspektive abgewinnt. Wenn man also liest, dass es sich bei »Das Gesetz der Ehre« um einen Cop-Thriller handelt, in dem ein junger, idealistischer Detective des NYPD nach einem (natürlich) mysteriösen Massaker an Kollegen in einem (natürlich) »üblen Viertel« der Stadt die Ermittlungen aufnimmt und dabei einem Korruptionsskandal in (natürlich) den eigenen Reihen auf die Spur kommt, ist das nicht zwangsläufig ein Zeichen für die Einfallslosigkeit der Filmemacher – wenn sie denn wissen, wie man der ganzen Sache eine frische Perspektive abgewinnt.
Also sitzt man in »Das Gesetz der Ehre« und lässt sich die abgedroschenen Klischees erst einmal gefallen: die traditionsreiche Polizistenfamilie irischer Herkunft; den alten Polizeifamilienpatriarchen (Jon Voight), der einerseits die Werte seiner Generation den Bach runtergehen sieht, andererseits aber nach der Devise »Blut ist dicker als Wasser« seine korrupten Sprösslinge vor einem Skandal schützen will; einen Sohn (Edward Norton), der nach einem traumatischen Zwischenfall eine sehr symbolische Narbe im Gesicht trägt; einen zweiten Sohn, der eigentlich ein guter Kerl, aber irgendwie doch in den Sumpf der Korruption abgedriftet ist; und natürlich den ultrakorrupten Schwiegersohn der Familie (Colin Farrell), der als Cop über Leichen geht, um seine Verbrechen zu vertuschen. Diese Parts sind hervorragend besetzt und Voight, Farrell, Norton und all die anderen Darsteller agieren in einer Weise, die man in der anstehenden Oscar-Saison wohl »intense« nennen wird – wenngleich vor allem Voight und Norton nur haarscharf am Overacting vorbeischrammen.
Auf frische Blickwinkel auf dieses Sammelsurium an Stereotypen wartet man jedenfalls vergeblich. Jede Figur erfüllt für die Dauer des zweistündigen Films genau jenes Bild, das man sich innerhalb der ersten zehn Minuten von ihr machen sollte: der Gute, der Böse und der Zerrissene. Dieses wenig originelle Szenario reichert Regisseur und Autor Gavin O'Connor mit Standardsituationen wie etwa dem handfesten Kollegenstreit in den Umkleideräumen des Reviers oder gewichtigen Monologen über Polizistenehre und familiäre Loyalität an – inszeniert mit pathetischem Ernst und fotografiert in düsteren, vermeintlich naturalistischen Bildern. Dabei kann er die diversen Nebenhandlungen irgendwann selbst nicht mehr zu einer schlüssigen Geschichte verdichten. Letztlich will O'Connor keine Cop-, sondern eine Familiengeschichte erzählen, versäumt es aber, die Beziehungen der Figuren nachfühlbar zu machen. Kein Wunder, dass er am Ende keine bessere Lösung für die zerfahrenen Konflikte findet als einen Faustkampf unter Brüdern in einer schummrigen Bar zu irischer Volksmusik. Das könnte man mit etwas Wohlwollen zwar als unfreiwillig komisch bezeichnen. Aber so richtig zum Lachen ist einem zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zumute.
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