Kritik zu Congo Calling

© JIP Film

2019
Original-Titel: 
Congo Calling
Filmstart in Deutschland: 
22.08.2019
L: 
90 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Stephan Hilpert dokumentiert in seiner Langzeitbeobachtung drei eigenwillige Entwicklungshelfer in der Demokratischen Republik Kongo

Zunächst werden wir Zeuge des medial vermittelten Bildes von Entwicklungshilfe. Frank-Walter Steinmeier, auf Stippvisite in der Demokratischen Republik Kongo, hält zur Einweihung einer neuen Landebahn eine Rede. Feierlich durchschneidet der damalige deutsche Außenminister dann mit der Schere das Band – und schwupp ist er wieder verschwunden. Stephan Hilpert macht sichtbar, was nach solchen Zeremonien geschieht. Seine Langzeitbeobachtung, deren Dreharbeiten 2015 begannen, begleitet drei Entwicklungshelfer in der östlichen Krisenregion des Landes.

Anne-Laure hat dem Job resigniert den Rücken gekehrt, ist aber in Afrika geblieben. Liiert ist sie mit einem Kongolesen, mit dem zusammen sie in der Stadt Goma ein Musikfestival organisiert. Die junge Belgierin wirkt entspannt wie im Urlaub. Erst ein Zwischenfall, bei dem einer der Festival­mitorganisatoren in einem Handgemenge von einem Polizisten erschossen wird, verdeutlicht, wie chaotisch und instabil die Situation im krisengeschüttelten Osten des Landes ist. Am Ende des Films kehrt Anne-Laure zurück nach Belgien, von wo aus sie mit ihrem Freund telefoniert, der eine Zeit lang im Gefängnis saß.

Wie die politische Lage im Kongo einzuschätzen ist, wird im Film nur angedeutet. Es dauert eine Weile, bis sich die Geschichten der einzelnen Protagonisten herausschälen. Die Hektik des elliptisch erzählten Films beschreibt die gegenwärtige Situation in der Demokratischen Republik Kongo jedoch angemessen. Am ehesten spiegelt sich dieses Chaos in der Situation des Entwicklungshelfers Peter wider. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres erhält er – nach 30 Jahren in Afrika – keinen Anschlussvertrag mehr, ist also plötzlich mittellos. Von der Anmutung her verkörpert Peter den hilflosen Helfer. Auch er kehrt in seine Berliner Heimat zurück.

Am straffsten organisiert ist der Spanier Raúl. Mit universitären Forschungsgeldern finanziert der Sozialwissenschaftler eine Gruppe kongolesischer Assistenten. Sein Projekt: die Erforschung einer paramilitärischen Rebellengruppe, die »RDC Rénové«. Deren Mitglieder erklären vor der Kamera, wie sie Menschen mit Peitschenhieben und Musik zum Aufbau einer Landwirtschaft zwingen. Raúls Projekt droht schließlich das Scheitern: Mit veruntreuten Geldern hat einer seiner kongolesischen Mitarbeiter ein Auto gekauft, das er an die Forschungsgruppe vermietete.

Sind diese drei Entwicklungshelfer typisch? Darüber sagt Stephan Hilpert nichts. Sein Film stellt die Zusammenarbeit zwischen Europäern und Afrikanern nicht grundsätzlich infrage. Ihm gelingen jedoch vielsagende Randbeobachtungen darüber, wie hilfreich europäische Hilfe tatsächlich ist. Zum Teil haarsträubende Beispiele verdeutlichen, wo die Sollbruchstelle von Entwicklungshilfeprojekten zu finden ist. Grundsätzlich Neues vermittelt »Congo Calling« dabei zwar nicht. Ohne Off-Kommentare mit erhobenem Zeigefinger deutet der Film jedoch an, wo und wie Gelder versacken.

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