Kritik zu Born to Be Wild – Eine Band namens Steppenwolf
Oliver Schwehm gelingt eine erhellende Doku über eine Kultband der USA, die von zwei deutschen Auswanderern mitgegründet wurde
Am Schluss springt die Kamera durch die virtuelle Welt des Internets und zeigt uns Menschen, die mal krächzend, mal wohlklingend, mal mit kindlichem Charme, mal eher gewaltvoll, in kleinen oder großen Formationen ein und dasselbe Lied spielen: »Born to Be Wild« von Steppenwolf. Geschrieben wurde es von Mars Bonfire, der für kurze Zeit als Gitarrist in der Band The Sparrows spielte, der kanadischen Vorläuferband von Steppenwolf. Als Titelsong von Dennis Hoppers »Easy Rider« wurde das Lied zum Welthit. Der harte metallische Beat, der die Motorräder von Hopper und Peter Fonda durch den Film zu treiben scheint, bezog sich ursprünglich auf Bonfires eigenen Wagen, einen Ford Falcon. Doch der Erfolg von »Easy Rider« verschaffte Steppenwolf ein Biker-Image. Ursprünglich waren sie keine Flower-Power Band, sondern eher dem Underground zuzurechnen und schließlich eine der ersten Rockbands, die das Wort Heavy Metal in ihren Lyrics verwendeten.
Was landläufig nur wenig bekannt war, und was Oliver Schwehm in seiner sehr klaren und detailreichen Dokumentation darlegt, ist, dass Steppenwolf von zwei deutschen Auswandererkindern gegründet wurde, die sich zunächst in Toronto trafen und dann nach Kalifornien weiterzogen. Das war zum einen Sänger John Kay, der als Joachim-Fritz Krauledat 1944 in Tilsit in Ostpreußen geboren wurde und über die gerade gezogene Grenze der DDR nach Hannover geflohen war. Zum anderen Bassist Nick St. Nicholas, der 1943 als Klaus Karl Kassbaum einer angesehenen hanseatischen Familie entstammte, die später nach Kanada auswanderte. Beide prägten den Sound der Band bis 1970.
Oliver Schwehm ist ein Meister des biografischen Dokumentarfilms. Von »Winnetou« Pierre Brice und Christopher Lee über Arno Schmidt bis hin zu Milli Vanilli und Atze Brauner hat er immer wieder prominente Persönlichkeiten beleuchtet und versucht, spannende Momente in deren Leben mit ihrem Werk in Verbindung zu bringen. Und so spricht er auch hier mit Zeitzeugen und Musikerkollegen wie Alice Cooper oder Taj Mahal, Klaus Meine von den Scorpions, Dale Crover, dem Schlagzeuger von Nirvana, oder Jello Biafra, Sänger der legendären Anarcho-Punk-Band Dead Kennedys. Regisseur Cameron Crowe kommt ebenso zu Wort wie Bob Ezrin, Produzent von Kiss, Pink Floyd oder Taylor Swift.
Entlang der Geschichte der Band, ihren Auftritten in kleinen Clubs und auf großen Festivals – Woodstock fehlt, weil Steppenwolf einem lukrativeren Angebot gefolgt waren – erzählt Schwehm von einer Zeit, die lange nicht so einheitlich war, wie man meint. Zwischen Drogen, Protesten und alternativen Lebensentwürfen gab es viele Bewegungen, die sich gegen das ubiquitäre »Love & Peace« stellten und von der harten Welt der Arbeiterklasse erzählten, von Flucht oder Vertreibung. Der zweitgrößte Hit der Band heißt »The Pusher« und war der erste, der den Drogenkonsum klar ansprach. »You know I smoked a lot of grass. Oh lord I popped a lot of pills.« Auch er fand seinen Weg in den Film »Easy Rider« und ist bis heute unvergessen.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns