Kritik zu Beware of Mr. Baker

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2012
Original-Titel: 
Beware of Mr. Baker
Filmstart in Deutschland: 
19.12.2013
V: 
L: 
92 Min
FSK: 
12

Looking back without anger? Jay Bulger lässt Ginger Baker, den einstigen Drummer von Cream, auf sein Leben und sein Werk zurückschauen und stellt seine Aussagen neben die von (Ex-)Kollegen und Freunden

Bewertung: 4
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Erwähnt man die Band Cream, so dürften die meisten Musikfans, zumal die Nachgeborenen, sofern ihnen dieser Name überhaupt etwas sagt, wohl eher an deren Gitarristen denken: Eric Clapton, der auch mit derzeit 68 Jahren und einer Zeit als Superstar immer noch dem Blues huldigt; eine Minderheit dagegen wird den Bassisten Jack Bruce schätzen, der im Lauf der Jahrzehnte viele exzellente Platten mit eigenwilligen Kompositionen einspielte und gemeinsam mit Pete Brown für die oft versponnenen Lyrics von Cream verantwortlich zeichnete. Mit dem dritten Mann im Bunde, dem Schlagzeuger Ginger Baker, assoziiert man wohl eher sein derwischhaftes Auftreten (mit den rötlichen, wild wuchernden Haaren ähnelte er Jethro Tulls Ian Anderson) und seine ausgedehnten Drum-Soli.
 
Es ist eben dieser Ginger Baker, der dem Titel dieses Dokumentarfilms alle Ehre macht, indem er zu Beginn auf dessen Regisseur Jay Bulger mit seinem Stock eindrischt, weil er keinen von den Menschen, mit denen er im Lauf seines Lebens zu tun hatte, darin zu Wort kommen lassen möchte: ein »Irrer«? Ein »liebenswerter Schuft«? Einer, der »aussah wie der Teufel«? Solche Statements kommen von Musikerkollegen – genug, um den Zuschauer neugierig zu machen. 
 
Bulger erzählt Bakers Geschichte in chronologischer Folge, im Wechsel von Statements von Baker selbst und seiner damaligen Mitmusiker. Zu Wort kommen aber auch seine (Ex-)Ehefrauen, seine Kinder und Musiker nachgewachsener Generationen, die Bakers Bedeutung umreißen. Das ist nicht immer ohne Widerspruch, einmal schneidet Bulger konträre Aussagen von Baker und Bruce direkt gegeneinander. Zwischen dem Musikalischen und dem Persönlichen erreicht der Film dabei eine Balance, einerseits erfahren wir von Bakers Wurzeln im Jazz und was es ihm bedeutet, von seinen Vorbildern wie Max Roach oder Phil Seamen als einer der Ihren betrachtet zu werden; andererseits erleben wir die Höhen und Tiefen eines Rockmusikerlebens, vor allem im Umgang mit Drogen. 
 
Baker erscheint nicht gerade sympathisch in seiner Selbsteinschätzung, aber am Ende muss man anerkennen, dass die Obsession Musik wenig neben sich duldet, wie es John Lydon, als Johnny Rotten einst Frontmann der Sex Pistols, auf den Punkt bringt. Was Baker mit seiner eigenen Bigband Air Force und später in der Zusammenarbeit mit Musikern wie Fela Kuti und dem Aufbau eines eigenen Aufnahmestudios in Lagos für die afrikanische Musik geleistet hat, wird deutlich, aber auch der Tiefpunkt seiner Karriere wird nicht verschwiegen: die Übersiedlung nach Hollywood, wo er nicht nur seiner Leidenschaft für Polo frönte, sondern sich auch als Schauspieler probierte. Eric Clapton spricht von der »Zwanghaftigkeit« Bakers, aber auch davon, dass es seinerzeit bei Cream nur um das gemeinsame Musizieren ging, nicht um den Erfolg. Dass das eine vom anderen oft schwer zu trennen ist, wird deutlich, wenn die Rede von der Cream-Reunion 2005 ist. Die ermöglichte es Baker nämlich, in Großbritannien 24 Pferde zu kaufen, die er auf seinen Besitz in Südafrika schaffte.

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