Kritik zu Back to Black

© Studiocanal

Sam Taylor-Johnson bringt in ihrem Amy-Winehouse-Biopic das Talent und die Schönheit der Ausnahmesängerin in ­Erinnerung – auf Kosten der mehr problematischen Seiten 

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Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain und Amy Winehouse – das sind die Big Six der zu früh, und zwar alle mit 27 Jahren, verstorbenen Pop-Giganten. Dass Amy Winehouse bei nur zwei Alben überhaupt dazuzählt, ist ihrer außergewöhnlichen Stimme zu verdanken. »Back to Black« heißt eines der beiden; es zählt zu den bedeutendsten Alben der Popgeschichte. Zwei Echos und 5 Grammys bescherte ihr die Platte, deren Songs sich vollständig aus ihrer eigenen Geschichte speisten. Insofern passt der Albumtitel tatsächlich gut als Titel eines Biopics. 

Die noch wenig bekannte Marisa Abela schlüpft hier in die Haut von Amy Winehouse; ihre Songs performt sie mit bemerkenswerter stimmlicher Kraft. Dennoch vergleicht man unwillkürlich den Spielfilm mit dem in vielerlei Hinsicht härteren Dokumentarfilm »Amy« von Asif Kapadia aus dem Jahr 2015 und fragt sich: Was ist Fiktion und was Wirklichkeit? So werden die Drogen- und Alkoholexzesse von Winehouse zwar nicht verleugnet, aber in die Darstellung eines Lebens im Pop-Business eingebettet erscheinen sie hier wesentlich harmloser als in der Dokumentation. Die extrem problematische Vaterbeziehung wird nur angedeutet und die fatale Verbindung zu Pete Doherty gänzlich unerwähnt gelassen. Ihr erschreckender Tod schließlich wird ganz ausgeblendet. Was bleibt, ist ein gelungener Spielfilm über eine grandiose Musikerin. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. »Back to Black« ist eher ein filmisches Vermächtnis und sorgt dafür, dass wir Amy Winehouse in all ihrer Schönheit in Erinnerung behalten.

Die Erzählung folgt einer konventionellen Chronologie. Regisseurin Sam Taylor-Johnson sucht sich immer wieder Themen aus der Popmusik, hat selbst mit den Pet Shop Boys zusammengespielt und auch einen Film über die Band gemacht. Mit »Nowhere Boy«, der Geschichte des jungen John Lennon, gab sie ihr Kinodebüt. So ist »Back to Black« vor allem von Respekt geprägt. Amy erscheint als gute Tochter, die ihre Oma über alles liebt, bei den jüdischen Familienfeiern singt und sich für die Familiengeschichte interessiert. Langsam, mit jedem Glas Gin Tonic und mit jeder weiteren Tätowierung, beginnt der Strudel, den niemand wirklich aufhalten kann. Versucht sie zu Beginn noch, das wilde Tier in sich mit Alkohol zu besänftigen, so wird der Alkohol bald selbst zur brennenden Gefahr. Auch ein Entzug und wochenlange Abstinenz helfen nicht. Dazu kommt, dass sie sich mit Blake Fielder-Civil in einen Mann verliebt, der Gras langweilig findet und sie an harte Drogen heranführt. Mit dem Ende der Beziehung kehrt sie zum Alkohol zurück und stirbt letztlich 2011 mit 4,16 Promille an einer Alkoholvergiftung.

Voller Sympathie und Mitgefühl erzählt Sam Taylor-Johnson diese Geschichte, schwelgt in den grandiosen Songs, selbst wenn das an einigen Stellen auf Kosten der Glaubwürdigkeit geht. Darüber, dass es so schön ist, Amy zu sehen, vergisst man aber immer wieder, wie es gewesen sein muss, Amy zu sein.

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