Kritik zu Amma und Appa
Die Münchner Filmstudentin Franziska Schönenberger drehte ein intimes Filmtagebuch über ihre Versuche, sich ihren indischen Schwiegereltern in spe anzunähern
Franziska liebt den Inder Jay, doch dessen Eltern sind gegen eine Heirat. Schließlich reist sie in die Höhle des Löwen ins tamilische Städtchen Cuddalore und stellt sich den tendenziell feindseligen Blicken. Sie bringt es sogar fertig, die eigenen Eltern zum Besuch bei den Schwiegereltern in spe zu überreden – und all das im intimen Detail zu filmen. Von Bayern nach Südindien und retour: selbst eingedenk des beruflichen Interesses der Regisseurin, die mit dieser Dokumentation den Drittjahresfilm ihres Filmstudiums drehte, wirkt das Unternehmen mutig. Was besticht, ist die unbefangene Herangehensweise und die intelligente Montage, dank der unbehagliche Momente eine humorvoll-rührende Note bekommen und der Kulturclash durch hautnahe Aha-Erlebnisse veranschaulicht wird.
So tritt z. B. im Schnittwechsel zwischen Ost und West das unerwartet Gemeinsame hervor, wenn die bunten Prozessionen vor Jays Elternhaus eine Parallele in der bayerischen Freude am Traditionsdekor beim Basteln an der Weihnachtskrippe finden. Oder wenn die energisch-gefühlsbetonte Franziska und der stille Jay das Spiegelbild von Jays Eltern darstellen. Andererseits ist deren Entsetzen über Jays Verweigerung einer arrangierten Ehe von handfesten Existenzängsten geprägt: Wer wird sie im Alter versorgen, wenn Jay nach München zieht?
Franziskas Eltern dagegen bleiben locker und grillen vor dem Abflug die letzte Bratwurst. Drollige Tricksequenzen mit Retro-Kinderbuchcharakter lockern die Chronik auf. Das hat viel Charme. Doch die kokett-verspielte Machart erzeugt auch mulmige Gefühle. Denn die Kluft zwischen der einen Partei, für die alles relativ easy ist, und der anderen, für die ungleich mehr auf dem Spiel steht, ist unübersehbar. Vielleicht aber ist die subjektive Unwucht der Perspektive gerade die Stärke des Films, der nie so tut, als ob man Konflikte wegerklären könnte. Aussagekräftiger sind dagegen spontane Reaktionen: »Ich esse alles«, sagt Franzi zur indischen Oma, »nur scharf darf es nicht sein.«
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