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15.11.2024
Chiara Fleischhacker, 31, geboren in Kassel, ist Regisseurin und Drehbuchautorin, studiert seit 2015 an der Filmakademie Baden-
Württemberg in Ludwigsburg. Während des Studiums drehte sie dokumentarische Kurzfilme, die mehrfach ausgezeichnet wurden.
Ihr erster Langfilm »Vena« über eine drogenabhängige Mutter bekam den First Steps Award. Sie lebt mit ihrer Tochter in Erfurt.
Verlorene Illusionen
Meines Erachtens werden in der Rezension von B. Roschy zwei tragende Figuren leider kaum oder gar nicht behandelt. So vor allem die Schauspielerin Coralie (Salomé Dewaels). Sie ist meinem Eindruck nach die wahre Künstlerin in der ganzen Handlung, zum einen auf der Bühne, sie spielt hervorragend ihre Rollen, für die sie lebt und beständig lernt, auch wenn man sie schlussendlich gnadenlos auspfeiffen lässt. Zum anderen liebt sie aufrichtig Lucien, den sie jedoch als "arme" Schauspielerin nicht zu den Adelsgesellschaften begleiten kann bzw. darf, zu welchen man ihn indes extra einlädt. Solcherlei Ausgrenzung erfolgt allerdings nicht in erster Linie auf Veranlassung Luciens, sondern der herrschenden (Un)Sitten wegen. Coralie lässt sich auch nicht bestechen von Madame de Bargeton, der Gönnerin Luciens, und besteht ihr gegenüber darauf, ihr Geld ausschließlich durch Arbeit verdienen zu wollen. Das halte ich für den stärksten Ausdruck des Anti-Aristokratismus im ganzen Film! Am Ende stirbt sie an Schwindsucht und wird verscharrt in einem Mehrfachgrab. Wahrlich kein schöner Tod, aber im Unterschied zu anderen hat sie im Leben alles gegeben – und schien mir obendrein eine glückliche Frau zu sein – eine Lebenskünstlerin. Diese Kunst hat sie Lucien voraus, der seine Ambitionen diesbezüglich - derentwegen er ja nach Paris kam – dort nicht durchhielt - und wohl auch deswegen Coralie sehr bewundert (gerade im Unterschied zu der Meute der zwar liberalen, aber demoralisierten Journalisten, mit denen er es sonst zu tun hat) und sich zu ihr hingezogen fühlt. Ein ehrlicher männlicher Freund Luciens, vielleicht seelenverwandt zu Coralie, wiederum ist der Dichter Nathan, den Lucien auf Weisung seines Chefredakteurs Etienne Lousteau zunächst dem Veriss preisgibt, obwohl er ihn gut findet, – und der sich nach dem Tod Coaralies, mit Lucien vor der Friedhofsmauer stehend, schließlich als Erzähler der Geschichte zu erkennen gibt. Soweit mal meine Interpretation besagter Figuren.