Permanenter Link Gespeichert von Daniel Cornicius am 24. Januar 2023 - 1:06
Um eines klarzustellen: Die Idee zu diesem Film, das Thema in all seinen Facetten Reichtum sind gigantisch gut! Umso tragischer ist es, dass der Streifen so viel von dem enorm großen Potenzial verschenkt, das ihn zu einer echten Bombe hätte machen können. Zu wenig ausgearbeitet sind die beiden Charaktere, zu unkonkret und plötzlich die Wandlung der zwanghaft kontrollierten Lehrerin, zu banal die Aussprache von Nancy und Leo nach dem Bruch und die Conclusio samt Outing gegenüber der ehemaligen Schülerin. Der Film verwehrt dem Publikum leider, was er der Heldin des Stückes zum Geschenk macht, indem er den Zuschauer mit einem tiefen Gefühl fehlender Befriedigung zurücklässt - und das obwohl dieser den beiden Protagonisten sicher mit sehr viel Wohlwollen bei deren exotischem Abenteuer beiwohnte.
Gewiss ist es eine bemerkenswerte Leistung, das sexuelle Verlangen einer betagten Frau mit aller Ernsthaftigkeit zu beleuchten und dabei der weiblichen Lust jenseits männlicher Vorgaben grundsätzliche Legitimität einzuräumen. Zudem wird der Körper- und Jugendwahn, dem Frauen traditionell und überall ausgesetzt sind, empfindlich getroffen, indem der Zuschauer gezwungen wird, der alternden Witwe und Mutter beim Liebesspiel mit dem jungen und gut gebauten Leo zuzuschauen. Obendrein mutz die Regie dem Publikum auch noch einen Blick auf den komplett entkleideten welken Körper der Heldin zu. Chauvinismus-Getriebene dürften den Kinosaal jedoch schon weit vorher verlassen haben, allein schon weil die Befindlichkeiten der Protagonistin so große Aufmerksamkeit bekommen.
Dennoch hört der Film auf, als es gerade richtig spannend zu werden verspricht. Denn über weite Strecken versteckt sich Nancy beharrlich hinter ihrem Panzer, der sie über Jahrzehnte beschützt hat, und reproduziert Erwartungen an Sexualität und auch an sich selbst, die ihr von außen - durch gesellschaftliche Normen - aufgezwungen wurden und die die sich zu eigen gemacht hat. Nachdem wir beobachten konnten, wie ihr junges Gegenüber mit scheinbar Respekt gebietender emotionaler Intelligenz ihren Panzer geschickt und Stück für Stück durchdringt, kommt es zum Eklat mit demselben, obwohl dessen Seelenheil bis dahin vom Drehbuch geflissentlich ignoriert worden war. Vielmehr hatte man sich seit Filmbeginn bequem in der Struktur einer Therapeut/Patientin- Beziehung eingerichtet, die dadurch ziemlich radikal umgedeutet wird.
Man wünscht sich eine Vertiefung der bis dahin gewachsenen Beziehung, bei der man sich wünscht, tiefer in den Prozess der "Heilung" einzutauchen und der Protagonistin dabei zuzusehen, wie sie aus ihren eigenen Klauen befreit wird. Zwar ist sie das am Ende, doch der innere Weg dahin, also das, was diese Geschichte überhaupt so unglaublich spannend macht, bleibt dem Zuschauer traurigerweise verborgen bzw. wird nur oberflächlich gestreift. Stattdessen wird die Protagonistin zu einem Outing gegenüber einer ehemaligen Schülerin verdonnert (Höchststrafe für eine Lehrerin), weil sie dadurch gleichermaßen für die Person ihres Gegenübers sowie für die Tatsache Position bezieht, dass sie Sex kauft und damit Sex-Arbeit akzeptiert. Diese Wendung ist besonders absurd, weil Nancy ja gerade dadurch wieder aktiv Konformität mit den eng normierten gesellschaftlichen Moralvorstellungen demonstriert, von denen sie die Geschichte ja so engagiert zu befreien versucht. Zudem ist zu Leos Person nichts als ein Konflikt mit einer offenbar in katholischen Moralzwängen verhafteten Mutter zu erfahren - eine Facette die weniger der Offenlegung von Leos Charakter dient als vielmehr zum Erreichen des dramaturgischen Wendepunktes.
Unterm Strich freut man sich gewiss am Ende über die sexuelle Befreiung dieser alternativen Mrs. Robinson, bleibt aber mit unzähligen Fragen zurück und dem Gefühl, dass man das Wesentliche verpasst hat - nicht vom Film, sondern von der Geschichte, die er erzählt. Sehr sehr schade, auch wenn eine großartige Emma Thompson neben ihrem überzeugenden Spiel zusätzlich durch eine ungewöhnliche Freizügigkeit in der Abbildung ihres Körpers und bei manchen Sexszenen dem Thema sehr viel mehr Prägnanz und Eindrücklichkeit verleiht.
Ein Thema mit Riesenpotenzial; und doch so viel verschenkt
Um eines klarzustellen: Die Idee zu diesem Film, das Thema in all seinen Facetten Reichtum sind gigantisch gut! Umso tragischer ist es, dass der Streifen so viel von dem enorm großen Potenzial verschenkt, das ihn zu einer echten Bombe hätte machen können. Zu wenig ausgearbeitet sind die beiden Charaktere, zu unkonkret und plötzlich die Wandlung der zwanghaft kontrollierten Lehrerin, zu banal die Aussprache von Nancy und Leo nach dem Bruch und die Conclusio samt Outing gegenüber der ehemaligen Schülerin. Der Film verwehrt dem Publikum leider, was er der Heldin des Stückes zum Geschenk macht, indem er den Zuschauer mit einem tiefen Gefühl fehlender Befriedigung zurücklässt - und das obwohl dieser den beiden Protagonisten sicher mit sehr viel Wohlwollen bei deren exotischem Abenteuer beiwohnte.
Gewiss ist es eine bemerkenswerte Leistung, das sexuelle Verlangen einer betagten Frau mit aller Ernsthaftigkeit zu beleuchten und dabei der weiblichen Lust jenseits männlicher Vorgaben grundsätzliche Legitimität einzuräumen. Zudem wird der Körper- und Jugendwahn, dem Frauen traditionell und überall ausgesetzt sind, empfindlich getroffen, indem der Zuschauer gezwungen wird, der alternden Witwe und Mutter beim Liebesspiel mit dem jungen und gut gebauten Leo zuzuschauen. Obendrein mutz die Regie dem Publikum auch noch einen Blick auf den komplett entkleideten welken Körper der Heldin zu. Chauvinismus-Getriebene dürften den Kinosaal jedoch schon weit vorher verlassen haben, allein schon weil die Befindlichkeiten der Protagonistin so große Aufmerksamkeit bekommen.
Dennoch hört der Film auf, als es gerade richtig spannend zu werden verspricht. Denn über weite Strecken versteckt sich Nancy beharrlich hinter ihrem Panzer, der sie über Jahrzehnte beschützt hat, und reproduziert Erwartungen an Sexualität und auch an sich selbst, die ihr von außen - durch gesellschaftliche Normen - aufgezwungen wurden und die die sich zu eigen gemacht hat. Nachdem wir beobachten konnten, wie ihr junges Gegenüber mit scheinbar Respekt gebietender emotionaler Intelligenz ihren Panzer geschickt und Stück für Stück durchdringt, kommt es zum Eklat mit demselben, obwohl dessen Seelenheil bis dahin vom Drehbuch geflissentlich ignoriert worden war. Vielmehr hatte man sich seit Filmbeginn bequem in der Struktur einer Therapeut/Patientin- Beziehung eingerichtet, die dadurch ziemlich radikal umgedeutet wird.
Man wünscht sich eine Vertiefung der bis dahin gewachsenen Beziehung, bei der man sich wünscht, tiefer in den Prozess der "Heilung" einzutauchen und der Protagonistin dabei zuzusehen, wie sie aus ihren eigenen Klauen befreit wird. Zwar ist sie das am Ende, doch der innere Weg dahin, also das, was diese Geschichte überhaupt so unglaublich spannend macht, bleibt dem Zuschauer traurigerweise verborgen bzw. wird nur oberflächlich gestreift. Stattdessen wird die Protagonistin zu einem Outing gegenüber einer ehemaligen Schülerin verdonnert (Höchststrafe für eine Lehrerin), weil sie dadurch gleichermaßen für die Person ihres Gegenübers sowie für die Tatsache Position bezieht, dass sie Sex kauft und damit Sex-Arbeit akzeptiert. Diese Wendung ist besonders absurd, weil Nancy ja gerade dadurch wieder aktiv Konformität mit den eng normierten gesellschaftlichen Moralvorstellungen demonstriert, von denen sie die Geschichte ja so engagiert zu befreien versucht. Zudem ist zu Leos Person nichts als ein Konflikt mit einer offenbar in katholischen Moralzwängen verhafteten Mutter zu erfahren - eine Facette die weniger der Offenlegung von Leos Charakter dient als vielmehr zum Erreichen des dramaturgischen Wendepunktes.
Unterm Strich freut man sich gewiss am Ende über die sexuelle Befreiung dieser alternativen Mrs. Robinson, bleibt aber mit unzähligen Fragen zurück und dem Gefühl, dass man das Wesentliche verpasst hat - nicht vom Film, sondern von der Geschichte, die er erzählt. Sehr sehr schade, auch wenn eine großartige Emma Thompson neben ihrem überzeugenden Spiel zusätzlich durch eine ungewöhnliche Freizügigkeit in der Abbildung ihres Körpers und bei manchen Sexszenen dem Thema sehr viel mehr Prägnanz und Eindrücklichkeit verleiht.