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15.11.2024
Chiara Fleischhacker, 31, geboren in Kassel, ist Regisseurin und Drehbuchautorin, studiert seit 2015 an der Filmakademie Baden-
Württemberg in Ludwigsburg. Während des Studiums drehte sie dokumentarische Kurzfilme, die mehrfach ausgezeichnet wurden.
Ihr erster Langfilm »Vena« über eine drogenabhängige Mutter bekam den First Steps Award. Sie lebt mit ihrer Tochter in Erfurt.
Anomalisa
Die Hauptfigur läuft durch den Hotelgang und die eine Hälfte des Gesichts klappt runter und fällt zu Boden. Nix ist kaputt, aber man sieht deutlich, dass es eben keine Maske ist, sondern dass der Kopf maschinell ist - alle Figuren in diesem Film tragen diesen Kopf, das sieht man an den waagrechte Fugen, die alle Köpfe gleichermassen haben. Die Grundvoraussetzung dieses Films, der trist ist, heisst also: Alle Menschen, die hier zu sehen sind, haben einen aufgesetzten Kopf. Es wird offensichtlich, dass sie programmiert sind, dass sie alle die gleichen Texte eingespeichert haben, siehe das, was der Taxler über den Zoo sagt und das was Lisa später sagt: das gleiche. Was in diesem Film vom Menschen geblieben ist, das ist offensichtlich sein Körper - mit Ausnahme des Kopfs. Mit diesem Körper bewegt er sich wie eine Maschine, der Mensch ist zum Zombie geworden, aber das Fleisch ist echt (oder auch nicht, das erfahren wir nicht). Das was der Kritiker für zarte Liebe hält, ist Programmierung, denn auch die Orgasmen verlaufen programmmäßig, die Dialoge verlaufen erschreckend klischeehaft, so wie wir es heute in den hochzivilisierten reichen Ländern vielfach (aber nicht immer) erleben. Leben wird vorgetäuscht, es ist ein Tun-als-ob. Wenn die Ehefrau dem von seinem Ausflug zurückgekehrten Mann sagt, dass ihm entfallen zu sein scheint, dass ihn hier alle lieben, so ist das programmiert und inhaltslos. Zur Hauptfigur: Sie ist die einzige im Film, die sich Reste menschlicher Sehnsucht und menschlichen Fühlens erhalten zu haben scheint. Im Film wird nicht erklärt, wieso. Sichtbar wird es beim Vortrag des Mannes, wo ein anderer Text immer wieder durchbricht. Die Illusionen der Hauptfigur brechen aber zusammen, als sie zuletzt bemerkt, dass sie mit Anomalisa nur ein Programm durchlaufen hat.
Zusammenfassend: Der Film weist uns auf eine zukünftige uniforme Menschheit hin, die durch die Globalisierung und durch den Kapitalismus ihr menschliches Gesicht zu verlieren droht. Nachtrag: zur Programmierung gehört auch, dass man den Menschen vortäuscht, sie seien weiterhin individuell und besonders.
Der Film ist sehr gut gemacht und einfallsreich, wenn er auch weht tut.