Kritik zu Kommen Rührgeräte in den Himmel
Die Geschichte des legendären DDR-Handmixers RG 28 liefert der Dokumentation den Rahmen für eine Reflexion über Konsum, Nachhaltigkeit und Obsoleszenz
Nicht alles im real existierenden Sozialismus war schlecht. Manches sogar fast vorbildlich. So gab es zum Beispiel eine Konsumgüterproduktion, die neben viel Mangel zumindest teilweise auch eine gewisse Nachhaltigkeit mitbrachte. Ein schon fast legendäres Beispiel hierfür ist der 18 Millionen Mal verkaufte Handmixer RG 28 aus dem Elektrogerätewerk Suhl, der mit spröder Nüchternheit in Weiß oder Knallorange auch jahrzehntelanges Dauerteigrühren geduldig mitmachte und sich im Falle eines Falles problemlos öffnen und reparieren ließ.
Vorbildlich also im Kampf gegen Wegwerfmentalität und Obsoleszenz. So ist der RG 28 auch ein passender Aufhänger, um von ihm zu einer filmischen Recherche durch das ganze Territorium unserer Konsum-Objekt-Beziehungen aufzubrechen. Dazu wird von Autor und Regisseur Reinhard Günzler eine von der Theaterschauspielerin Laura Angelina Palacios gespielte Designstudentin als Rechercheurin von Jena aus durch Thüringen geschickt. Dort soll sie die doku-typischen Gespräche mit den Männern und Frauen führen, die entweder praktisch an Entwicklung und Produktion des Rührgeräts beteiligt waren oder theoretisch etwas zum Thema zu sagen haben. Dazu kommen – neben diversen impressionistischen Zwischenklimperstrecken – Repair-Café und Töpfer, die die Gegenseite heutiger Warenwelten demonstrieren sollen.
Carmen, so heißt die fiktive Studentin, gibt sich kopfnickend interessiert, aber auch deutlich unbedarfter, als es eine echte Reporterin je sein dürfte. Und auch der von ihr gesprochene Presenter-Kommentar bleibt zu unterkomplex, um auf der langen Filmstrecke jenseits der genreüblichen Rhetorik (»Was verleitet mich dazu, immer weiter gedankenlos zu konsumieren, obwohl ich es doch längst besser weiß? Vielleicht kann...«) wirklich begrifflich von der Stelle zu kommen. So wird von der Entwicklung des RG bis zum generellen Müllproblem zwar viel angesprochen. Wirklich Anregendes kommt dabei kaum zusammen – auch wegen des ostalgie-betonten Grundtons, der sich mit der nicht weiter reflektierten Übertragung der Eigenschaften des RG 28 auf sämtliche DDR-Produkte inhaltlich verrennt. Und die (wahrscheinlich zutreffenden) Allgemeinplätze über Abwicklung der DDR und kapitalistische Verschleißökonomie werden hier nicht konkret befragt, sondern gesetzt.
Positive Ausnahme ist die hübsch anschauliche Analyse des DDR-Produktdesigns durch den Berliner Designprofessor Jörg Petruschat (übrigens einer der ganz wenigen Ausflüge aus Thüringen hinaus) als »kameradschaftliches Artefakt«, das im Gegensatz zum kapitalistischen »Nimm mich mit!« brüderlich »Vertrau mir!« rufe. Allzu oft aber – und oft arg neckisch montiert – ist die fiktive Reporterin im Bild, der man eine romantische Rahmengeschichte mit notdürftig als Ironie getarnten Weiblichkeitssterotypen anhängt. Irgendwie passend münden die düsteren Ausblicke in die Zukunft am Ende in eine Metaphysik der Warenwelt, die sich raunend am Liebesbegriff festmacht: »Unsere Erzeugnisse wollen von uns geliebt werden. Wenn wir das nicht tun, werden sie Unheil über uns bringen.«
Kommentare
Sie werden Unheil bringen
Mich hat der Film nachdenklich gemacht. Heute ist alles aus Kunststoff und somit schwer und teuer aufzubereiten. Wenn ich sehe wie gedankenlos oder aus Bequemlichkeit der Müll auf die Straße geworfen wird nur weil es zu umständlich ist zum nächsten Mülleimer zu warten. Mal abgesehen davon, dass Mülleimer gerne angezündet oder - weil es so witzig ist - geöffnet werden. Manchmal frage ich mich, ob die Leute Zuhause ihren Müll gedankenlos auf den Boden schmeißen oder ob es der Gedanke ist, dass es andere ja wegmachen. Wir gehen gedankenlos mit unseren Ressourcen um und das wird sich rächen. Wenn die Erde abgewirtschaftet ist, suchen wir halt einen neuen Planeten den wir kaputt machen können. Die Erde kann gut ohne den Menschen nur der Mensch nicht ohne die Erde.
Wegwerfgesellschaft
Man vergisst, dass viele Dinge quasi neu erfunden wurden. Flachbildschirm statt klobigem Monitor, LED statt Glühbirne, mp3-Player statt Kassetten-Rekorder, Tintenstrahler statt Nadeldrucker, Digitalkamera statt Fotoapparat. Was soll man mit dem alten Zeug? Ins Museum?
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