Kritik zu Erich Mielke – Meister der Angst
Deutscher Geschichtsfilm gegen Erich Mielke: Jens Becker und Maarten van der Duin versuchen mit Archivmaterial und Reenactment, der Figur des verstorbenen Stasichefs habhaft zu werden
Weil Erich Mielke aktuell keine Konjunktur hat, könnte man auch sagen, er hat immer Konjunktur. In jedem Fall organisieren ein Dokumentarfilm und ein biografisches Begleitbuch (mit dem etwas irreführenden, weil von Birgit Rasche und Filmproduzent Gunnar Dedio verfassten Titel »Ich. Erich Mielke«) in diesem Herbst etwas Aufmerksamkeit für den einstigen Chef der DDR-Staatssicherheit. Der Film, der aus fördertechnischen Gründen auch ins Kino kommt, trägt derweil den Titel »Erich Mielke – Meister der Angst«. Das deutet an, wie es um die historische Seriosität des Films bestellt ist: nicht gut. Unter dem Fantasietitel »Meister der Angst« würde man eher den Gegner in einem voraufgeklärten Fantasy-Grusel-Spiel vermuten als eine Person der deutschen Zeitgeschichte.
Die Entsprechung des Grusels im Film sind die eingefügten Spielszenen, die Jens Becker inszeniert hat; die dokumentarischen Anteile stammen von Maarten van der Duin, beide zusammen haben das Drehbuch verfasst, Sachbuchautor Dedio fungiert als Produzent. Imaginiert wird durch die nachgestellten Bilder der zweifellos interessante Moment 1991, da der einst mächtige Mielke selbst im Gefängnis sitzt und auf seinen Prozess wartet. Schauspieler Kaspar Eichel gibt einen Rentner mit Hut und Stock, Hornbrille und Puschen. Die Szenen im Gefängnis sind insofern besonders, als sie ihre eigene mediale Funktion noch einmal kommentieren, da Mielke von einer Psychologin (Beate Laaß) befragt wird. Auf diese Weise sitzt der gefürchtete Stasichef vor dem Publikum quasi auf der Couch, um Auskunft über sein Innerstes zu geben. Ins Reden kommt der Mielke begleitet von dem schalen Witz, den eine solche Anordnung ermöglicht: »In anderen Zeiten hätten Sie bei mir anfangen können.«
Im Laufe des Films wird die Psychologin (»Ich bin kein Richter und kein Anwalt«) gar überflüssig, weil Mielke direkt in die Kamera beichtet. Zu Beginn schaut diese den Verschüchterten von oben an, in der Steigerung erinnert sich der nachgespielte Stasichef zu einem gepflegten Kunstregen vorm Zellenfenster an seine Begegnung mit Stalin. Höhepunkt der Mimikry ist aber ein Alptraum, den Mielke erleidet und der zeigt, was passiert, wenn die Fiktionalisierung von zu viel Dokumentarmaterial belästigt wird.
In seinen dokumentarischen Passagen ist, vor allem was die Kindheit und das Heranwachsen Mielkes betrifft, der Film bisweilen nicht uninteressant. Für das Psychogramm, das er gern wäre, mangelt es aber an Auskunftgebern aus Mielkes Nähe; systemisch ist Mielke allein der Ex-KGB-General Nikolai Leonow verbunden. Selbst diese Schwäche aber wäre kein Grund für den bauerntheaterhaften Exorzismus, auf den der Film hinausläuft. »Ihr Urteil vor Gericht muss erst noch verhandelt werden, aber ihr Urteil vor der Geschichte, das ist wohl abgemachte Sache, dafür haben sie selbst gesorgt«, bescheidet die Psychologin, die doch keine Richterin sein wollte, zum Schluss. Und verweigert Mielke den finalen Handschlag. So viel Strafe muss sein in der Fantasie des öffentlich-rechtlichen Geschichtsfilms.
Kommentare
Psychogramm von Erich
Ich hab sehr wohl den Film gesehn und fand den Schauspieler ganz OK der unseren Erich spielte wenn auch zu viel nich den Tatsachen entsprach, der Film hatte eine für die unwissende BRD hochkarätiges Propaganda Potential Erich als Idioten und manischen Bösewicht darzustellen der alles ihm im Wege umgenietet hatte was das Zeuch hält.
Mir gefällt immer wieder die Szene:
".. ich hab 'en Riecher wenn Dinge sich ungut entwickeln..."
Psychogramm von Erich: An dieser Stelle lach ich mich jedesmal kaputt wenn ehemalige Angestellte zittern vor ANGST (natürlich Angst was sonst?) und aus EIGENER Erfahrung erzählen was für ein Bösewicht Erich gewesen sei.
Na dann, JA, er konnte es nich ausstehn wenn rumgetruckst wurde und nur ein Murmeln als Antwort kam. Das hat ihn zur Weisglut gebracht. Er wollte Antworten JETZT und nich erst ein Jahr später. Genauso wenn es um Gelder ging da kannte er nix. Er kam in Rasche wenn es um die totgeschlagenen im Wedding kam die die Polizei auf dem Kerbholz hatte. Du sprachst ihn besser nich an deswegen es sei denn du wolltest ihn auf 180 bringen. Ich kanns ihm ja nich verübeln. Aber nee, ehrlich jetzt Erich hat nich abgedrückt damals am Bülowplatz. So gut kenn ich ihn.
Was mich angenehm überascht hatte Nikolai Leonov zu sehn. Hätte ich nich gedacht das er es in die Doku schafft denn immerhin is ja der Film GEGEN uns gerichtet und nich das wir die Chance dadurch bekommen rehabilitiert zu werden.
Witzig war was der BND angeblich wußte. Und die Sachen die wir wissen die ja niemals protokolliert wurden geben ein unverfälschtes Bild von Erich auf alle Ewigkeit.
ruhe in Frieden Erich
auch ich vergess dich nicht
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