FFA-Studie zu »Gender und Film«
Ich hatte ja versprochen (bin ich auch meinem feministischen Selbstbewusstsein schuldig) noch etwas von der recht bizarren Vorstellung der FFA-Studie zu »Gender und Film« zu berichten, die schon am Montag statt gefunden hat, ich war als Berichterstatterin für den Tagesspiegel da.
Aber von Anfang: Bei denen, die die schwache Präsenz von Frauen im Filmgeschäft beklagen, war es vor einigen Jahren Konsens, dass zur Durchsetzung politischer Forderungen als Evidenz des Status Quo eine klare Datenbasis notwendig ist. Die hatte dann der Bundesverband Regie in ihrem Diversitäts-Bericht 2014 für das Regiefach in Film und Fernsehen geliefert und damit den Anlass zum ersten viel Aufmerksamkeit erregenden Auftritt der Pro-Quote-Regie-Frauen auf der Berlinale vor drei Jahren gegeben.
Seitdem ist das Thema Gendergerechtigkeit und Film im Raum, ein bisschen, wenn auch zu wenig, hat sich auch getan. (Letzten Sonntag im Tagesspiegel war übrigens ein großer Seite 3-Artikel zum Thema, bei dem aber einigen Zahlen und Daten nicht stimmen, wie »black box«-Herausgeberin Ellen Wietstock sagt, die sich im Thema gut auskennt, weil sie schon oft in Eigenarbeit aus vorliegendem Datenmaterial zu Fördergelder statistische Zusammenstellungen errechnet hat. Vorsicht also beim Zitieren!)
Am Montag hat die Filmförderungsanstalt FFA im Haus der Commerzbank am Pariser Platz eine Studie vorgestellt, die in Kooperation mit dem Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation Daten zu den separat bearbeiteten Komplexen »Gender und Film« und »Gender und Fernsehen« (diese im Auftrag von ARD und ZDF gemeinsam mit der Universität Rostock) vorlegt.
Neu daran ist, dass die Geschlechter-Verteilung nicht nur für die Regie sondern auch für die anderen Gewerke von Drehbuch bis Ton aufgeschlüsselt wird. Allerdings nur als momentane Blitzaufnahme. Die Ergebnisse – viele Frauen in der Kostümabteilung, sehr wenige bei Kamera und Ton – sind wenig überraschend, es ist aber sicherlich richtig, die Forderungen nach Geschlechtergerechtigkeit von der Regie auch auf anderen Bereiche der Filmproduktion zu übertragen.
Das merkwürdige und höchst unbefriedigend ist nur, dass der von der FFA abgedeckte ureigene und zentrale Bereich der Filmförderung in der Studie mit keinem Wort auftaucht.
Besonders unbefriedigend ist dieser blinde Fleck im Zentrum deswegen, weil bisherige Untersuchungen einmal deutlich gemacht haben, dass genau hier zwischen Studienabschluss und Ausübung des Berufs das »schwarze Loch« sein muss, in dem die Filmfrauen verschwinden. zum anderen ist der Bereich Förderung auch deswegen wichtig, weil es hier empirische Hinweise darauf gibt, dass die gender-paritätische Besetzung von Fördergremien kein zweckdienliches Mittel zur Veränderung der Situation ist.
An diesen Schnittstellen hätte eine Untersuchung ansetzen müssen, anstatt, wie geschehen, im qualitativen Teil durch Interviews zu der – ach wie erstaunlichen! – Erkenntnis zu kommen, dass die Situation der im Filmgeschäft Arbeitenden von Stress, Unsicherheit und reisebedingten Abwesenheiten geprägt ist. Muss man dafür Wissenschaftler bemühen?
Das eigentliche Desaster war aber die Veranstaltung drumherum, die mit einer Keynote von Dr. Ursula Schütze-Kreilkamp vom Personalvorstand der Deutschen Bahn (!) begann, die allen Ernstes ihre Affinität zur Sache der Frauen mit früheren Berufserfahrungen als Gynäkologin begründete. Ein schlechter Herrenwitz, würde es nicht zum Schluss als Peinlichkeit wieder auf die Frauen zurück fallen. Der Rest war ähnlich unsäglich und zauberte auf viele der Gesichtern blank entsetzte bis schock-erheiterte Mienen. Richtig aber banal das letzendliche Fokus der Rede: It's the money and the power, stupid. Das dürfte den meisten der um mehr Geld und Macht kämpfenden Anwesenden nicht so ganz neu sein.
Trotzdem redete man dann auf einem begleitenden von Bascha Mika moderierten Panel wieder zu wenig über Geld und zu ausführlich über alle möglichen andere netten Dinge, die an der notwendigen Frage nach der endlichen Umsetzung von Veränderungen (zufällig oder beabsichtigt?) stracks vorbei ins anekdotische Nirwana führten. Da dürfte X-Filme-Produzent Stefan Arndt berichten, dass er einst mit starken Frauen aufgewachsen ist. Die Schaupielerin Maria Furtwängler erzählte von der mentalen Spaltung, wenn sie als »erklärte Feministin« (O-Ton) Überzeugung halbnackt auf schwankenden Stöckelschuhen auf dem roten Teppich balanciere und friere. Mmmmh? Kinderfrage und Rollenbilder kamen auch mal wieder ins Spiel, als würde man beim Punkt Null anfangen. Und nicht bei einer Institution sitzen, die 76 Millionen Euro im Jahr an Fördermitteln vergibt. Warum redet man nicht darüber? Was ist eigentlich mit dem dort dringend notwendigem Gender-Monitoring? Ist es Verschwörungsdenken, wenn man die ganze Geschichte als ein großes Ablenkungsmanöver versteht?
Am Ende schien die Veranstaltung eine bizarrer Rolle rückwärts mindestens fünf Jahre in die Vor-Pro-Quote-Jahre zurück, wo es doch eigentlich einen energischen Schritt nach vorne bräuchte. Merkwürdig zaudernd und fast lustig an der Sache vorbei auch die Aktions-Vorschläge in der Studie selbst: Gender-Sensibilisierungs-Seminare für Entscheidungsträger, ein Online-Portal zur Vermittlung von Filmfrauen und ein Booklet über »Vielfalt in der Regie«. Kommentar nicht nötig.
Mal hoffen, das eine andere Veranstaltung der Frauenfilmfestival-Koordination zum Thema morgen Vormittag mehr bringt (Anmeldung erforderlich):
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