Pfeift den Dixie
Die Spannungen, die in »Vorposten in Wildwest« ausgetragen werde, sind ein glimpfliches Vorspiel der nationalen Zerreißproben, von denen Sam Peckinpah 14 Jahre später in »Sierra Chariba« erzählt. Auch hier geht es gemeinsam gegen die Indianer. "Until the Apache is taken or destroyed" ist das Mantra von Richard Harris, dessen Rebellen Aussicht auf Begnadigung haben wenn sie sich Charlton Hestons Kavalleristen anschließen: Danach hat der Fahneneid keine Gültigkeit mehr. Die rabiate Unversöhnbarkeit ist hat ihre Gründe auch in dem »Verrat« von Hestons Major Dundee, der ursprünglich aus dem Süden stammt und in Gettysburg einen "Privatkrieg" führte. Großartig die subjektive Einstellung, als Heston durch die Reihen der feindseligen Gefangenen schreitet; sie wird später humorvoll aufgegriffen, als der arme Warren Oates in ihrer Mitte einen Blaurock tragen muss. Harris ist das grimmige, aber auch galante Gegenbild zu seinem ehemaligen Freund Heston, ein Gentleman aus dem Süden. Im Vergleich ist der Süstaatenoffizier stets die bezwingendere Figur; sie folgt einem ungebrochenen Ehrenkodex. Das gilt selbst für den unrettbaren Rassisten Richard Boone, der in »Rio Conchos« das konsequentere, unerschütterlichere Kraftfeld ist. Seinem Hass ist nur der des Indianerhäuptlings Rodolfo Acosta ebenbürtig; zwei Seiten derselben Medaille. Boones Instinkt ist ohnehin zuverlässiger als der des zerrissenen Stuart Whitman, der zusammen mit einem Mexikaner, einer Indianerin und eben einem Schwarzen (allesamt nicht als Stereotypen gezeichnet, ein wirklich großartiger Western!) in den Kampf gegen schurkische Waffenhändler zieht, die angeführt werden von Edmond O' Brian, der in Mexiko einen neuen Südstaat errichten will. Das Herrenhaus, das er dort errichtet, ist eines der grandiosen, faszinierendsten Filmdekors der 1960er.
Welche Himmelsrichtungen stehen den Verlierern nach der Niederlage noch offen? Nur noch der Westen, die Territorien in der Prärie, die noch keine Bundesstaaten sind, vor allem aber der Süden. »Horizons West« (Fluch der Verlorenen) von Budd Boetticher trägt in dieser Hinsicht einen verlockenden, topographisch aber etwas irreführenden Titel. Robert Ryan, "the toughest soldier that ever lost a war.", kehrt verbittert heim nach Texas. Sein Vater wünscht sich, die Familie und der Staat würde neu anfangen, als habe es den Krieg nie gegeben. Dem adoptierten Bruder Rock Hudson fällt das leichter. Die „Reconstruction“ bietet auch für Ryan die Möglichkeit, schnelles Geld zu verdienen; auch wenn es von den Yankees stammt. Er schließt sich einer Bande gestrandeter Gesetzloser an, Deserteuren aus beiden Armeen, die ihn noch bei seinem Rang als Major grüßen. In Mexiko gibt es eine zona libre, in die sie sich zurückziehen können. Die Texas Ranger kommen ihnen nicht bei; ähnlich wie in „Der Richter von Colorado“ muss am Ende Washington zur Hilfe gerufen werden, um Gesetz und Ordnung zu schaffen: ein verzagter Restaurationswestern.
In Sam Fullers »Hölle der tausend Martern« (Run of the Arrwow) geht das Gerücht, dass einige Renegaten nach Südamerika geflohen sind. Rod Steiger will ihnen folgen, aber sein untilgbarer Hass führt ihn dann anderswo hin. Fullers Eröffnungssequenz ist fulminant. Steiger legt am 9. April 1865 auf General Grant an, vor dem General Lee bei Appomatox Point kapituliert. Die Kugel feuert er dann aber auf den Blaurock Ralph Meeker ab, der über das Schlachtfeld reitet, dessen Habseligkeiten er durchsucht und dessen Zigarre er weiter raucht, bevor er sie einem Verletzten im Lazarett gibt. "The last bullet shot in this war", sagt der Arzt, der sie Meeker herausoperiert hat und ihm gibt. Diese Großspurigkeit Fullers ist toll (wenngleich historisch nicht korrekt: Die letzten Truppen ergaben sich erst zweieinhalb Monate später in Texas), sie markiert präzise den Moment, an dem der Krieg in den Unfrieden umschlägt. Steigers Mutter will ihn zum Aufgeben bewegen ("Wir leben nun unter einer Flagge."), er kann seine Tränen auch kaum zurückhalten (ist eben ein method actor), aber entscheidet sich für die Gesetzlosigkeit, die ihm ruhmreicher erscheint. Es gibt keinen Weg zurück mehr für ihn, .
Im Kern geht es in all diesen Filmen um Stammeszugehörigkeit. Die kann auch ein ehemaliger Gegner respektieren: Sie vereinigt das Land nicht, aber hält es zusammen, als ein Versprechen von Heimat und Zugehörigkeit. »Der Texaner« (The Outlaw Josey Wales) von Clint Eastwood handelt davon, dass man neue Bündnisse schließen muss, damit ein gespaltenes Land zur Ruhe kommen kann; er ist kurz nach Ende des Vietnamkriegs entstanden.
Wales ist kein Soldat, sondern ein allem Anschein nach friedliebender Farmer in Missouri, als seine Familie von marodierenden Blauröcken, den sogenannten red legs, ermordet wird. Er schließt sich den Vigilanten von Bloody Bill Anderson an und übt Vergeltung. Nach der Kapitulation will er die Waffen nicht strecken (eine kluge Entscheidung, weil seine Kameraden von der Union in einen ruchlosen Hinterhalt gelockt werden) und flieht ins Indianerreservat, das im Original "the indian nations" heißt. Eastwoods Film, nach einem Drehbuch von Philip Kaufman, den er aus dem Regiestuhl katapultierte, ist eine blutige Ballade mit enormem utopischem Potenzial. Auf dem Weg nach Texas versammelt der waffenstarrende Einzelgänger widerwillig eine neue Familie um sich: einen philosophierenden Indianerhäuptling, eine einsilbige, patente Squaw, eine muntere Greisin nebst sonderbarer Enkeltochter, auch einige Mexikaner (nur eben keine Schwarzen) gehören dazu. Der Weg zum Frieden führt durch ein Inferno der Gewalt – es ist eben noch ein Eastwoodfilm der 70er, mit zynischen Einzeilern, darunter dem epochalen "You goin' to pull those pistols or whistle Dixie?" Für ihn gibt es kein Vergessen, aber selbst mit den Indianern kann der graue Reiter, der mit den Blauröcken keinen Frieden schloss, zu einer gedeihlichen Koexistenz finden. Das Sterben ist nicht schwer für Leute wie uns, überzeugt er den Comanchenhäuptling, das Leben ist schwerer. Von seinen Widersachern aus dem Bürgerkrieg soll am Ende einer überleben. Es ist ein steiniger Weg, der in die Zukunft führt.
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