MagentaTV: »Oh Hell« Staffel 2
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Den Spitznamen Hell trägt die burschikose Mittzwanzigerin Helene zu Recht. Wo sie auch hinkommt, hinterlässt sie Chaos und zuweilen auch verbrannte Erde. Das ist nicht nur eine Redewendung. Denn in der ersten Staffel der Comedy-Serie fackelte die nervöse junge Dame ganz nebenbei einen Wald ab. Im Vorspann zur zweiten Staffel sitzt Hell zwischen den verkohlten Stämmen und beißt lustvoll in eine Orange – wie einst die biblische Eva in die verbotene Frucht des paradiesischen Eden.
Die neuen Folgen sind akribisch ausgetüftelt und mit erkennbar größerem produktionstechnischen Aufwand inszeniert. Wie schon in der ersten Staffel gliedert sich der Plot in mehrere Stränge auf. So muss die Chaos-Queen sich nach der pyromanischen Zerstörung eines Waldes als Bewährungsauflage in einer geschlossenen Anstalt therapieren lassen. Parallel dazu erzählt die Comedy-Serie, wie Hell alles daran setzt, den Job ihres Lebens möglichst perfekt zu vergeigen.
Hell soll nämlich ihrer Freundin Maike (Salka Weber) helfen, die seit der Jugend das strahlende Gegenbild verkörpert. Sie ist erfolgreich und führt ein geordnetes Leben. Doch nun erhält ihre Agentur das lukrative Angebot eines anspruchsvollen Amerikaners. Das Problem: Der Kunde will eine Kampagne, die nicht nur gefühlt verrückt ist, sondern authentisch gaga. Das trifft nun exakt die Kernkompetenz von Hell, die sich mit dem gespreizten Getue in einer deutschen, allzu deutschen Werbeagentur arrangieren muss. Wohl nicht zufällig sind die Mitpatienten aus der Klapse das perfekte Spiegelbild zu den verhuschten jungen Kreativen, die sich mit dem »Pronomen he/him« vorstellen und geschlechtersensibel reden.
Nun werden die neuen Folgen dieser bemerkenswerten Serie, deren erste Staffel 2022 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, von Magenta TV angeboten, einem Unternehmen, das zur Telekom gehört. Ist es Zufall, dass es einem so vorkommt, als zeige die zweite Staffel – trotz einem Feuerwerk herrlich skurriler Ideen – hier und da schon ein wenig Beißhemmungen?
Man bleibt aber dran. Das liegt in erster Linie an der furiosen Performance von Mala Emde. In der Titelrolle profitiert sie einmal mehr von den Büchern aus der Feder von Johannes Boss, der u. a. in der ZDFneo-Serie »Deadlines« sein Gespür für Dialoge unter Beweis stellte. Wenn sie ihre beruflichen Qualifikationen mit modischen Anglizismen spickt, deren Lautketten im semantischen Nichts versanden, dann klingt es, als hätte Mala Emde sich diese Form des Sprechens zur zweiten Natur gemacht. Die Regie von Sarah Blaßkiewitz (»Sam, ein Sachse«) ist ausgeklügelt. Insgesamt erscheinen die neuen Folgen dadurch aber nicht mehr ganz so anarchisch und überraschend wie noch die erste Staffel. Sehenswert ist der quirlige Achtteiler allemal.
Trailer
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