Sky: »Funny Woman«

»Funny Woman« (Serie, 2022). © Sky Studios Limited

© Sky Studios Limited

Stupide Shows mit frechem Witz

Spontan lässt Barbara Parker den gerade gewonnenen Titel der »Miss Blackpool« und auch ihren Verlobten sausen. Sie will raus aus dem proletarischen Seebad und nach London, Zentrum der »Swinging Sixties«. Nachdem Barbara wegen ihres Mundwerks ihre Stelle bei einer Modistin verloren hat, gelingt es ihr, im Showgewerbe Fuß zu fassen: nicht als Bikinimodell, sondern als Schauspielerin wie ihr Vorbild Lucille Ball. Mit ihrer Unverblümtheit steigt sie in der Sitcom »Barbara und Jim« zum Publikumsliebling auf, obwohl – oder weil – sie mit ihrer unbefangenen Art und ihren Amouren gern den Bogen überspannt.

»You can take the girl out of the country but you can't take the country out of the girl«, und das ist in Barbaras Fall ein Bonus. Da die erste Staffel vorab nur im Original zu sehen war, darf man gespannt auf die Synchronisation ihres nordenglischen Akzentes sein. Die Serie, basierend auf Nick Hornbys Roman Funny Girl (2014), ist zunächst das Porträt eines originellen Frauencharakters: eine irritierende Mischung aus Schönheit, Temperament und Mutterwitz.

Gemma Arterton (»Tamara Drewe«), genau genommen zu alt für diese Rolle, ist dennoch die perfekte Wahl. Als Barbara ist sie mit Big Hair und Barbiefigur ein Hingucker, »zu« blond, »zu« sexy. Nicht auf den Kopf gefallen hat sie außerdem einen Mund wie ein Schwert und lässt, zu Recht, vermuten, dass ihre Schlagfertigkeit nicht nur verbaler Natur ist. Barbaras disruptive Wirkung, das Gelächter und die Sympathie, die sie hervorruft, macht sie zum Instrument des gesellschaftlichen Aufbruchsprozesses.

So zeigt die Serie in einer Hommage an das damalige Fernsehen, wie in vorgeblich stupiden Shows mit frechem Witz Konventionen infrage gestellt wurden. Barbara zur Seite stehen zwei schwule Autoren, die versuchen, die Grenzen auch in Bezug auf Homosexualität zu verschieben. Zur Geltung kommt überdies Hornbys Dauerthema, die Kluft zwischen E- und U-Kunst und die Verachtung der Upperclass für den kleinbürgerlichen Geschmack. Wenn der Produzent der Sitcom, selbst Teil jenes »Oxbridge«-Milieus, insgeheim Barbara vergöttert, spiegelt er »Life imitates art«, die Sitcom, in der ein Oberschichtsschnösel die Putzfrau heiratet.

Alltagssexismus und Emanzipation bilden einen weiteren roten Faden. Krasse Szenen wie ein Vergewaltigungsversuch und ein Plädoyer für Tampons stehen neben Szenen, in denen klar wird, dass Frauen oft an zwei Fronten, gegen Machos und gehässige Geschlechtsgenossinnen, kämpfen. Randvoll mit detailsattem Zeitkolorit und anregender Popmusik (ganz ohne Beatles-Songs) hat die Serie viel Drive. Es ist schade, dass es die Verfilmung manchmal in ihrer zeitgeistigen Beflissenheit übertreibt und den Schwung von Hornbys dichter Handlung ausbremst. Gipfel ist eine von Barbara gehaltene Predigt für weibliche Selbstermächtigung, die so gar nicht zu jener Frau passt, die man zuvor kennenlernte: Die hätte solch gut gemeinte Phrasen gnadenlos veräppelt.

OV-Teaser

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