Paramount+: »Tulsa King«
»Tulsa King« (Serie, 2023). © Brian Douglas/Paramount+
Eigentlich sollte man angesichts der Beteiligten meinen, dass bei der Mafiaserie »Tulsa King« nichts schiefgehen kann. Konzipiert wurde sie von Taylor Sheridan, der als Autor von »Hell or High Water« zu Ruhm kam und spätestens seit dem überragenden Erfolg seiner Westernserie »Yellowstone« als eine Art Goldjunge gilt. Als Co-Showrunner fungiert Terence Winter, der als Autor von »Die Sopranos« und »Boardwalk Empire« reichlich Genre-Erfahrung mitbringt. Und die Titelrolle spielt Sylvester Stallone, der für das sehr maskuline Universum dieses Autorenduos wie gemacht scheint.
Tatsächlich ist Stallone der entscheidende Grund, sich »Tulsa King« anzuschauen. Im Alter von 76 Jahren ist seine raumgreifende Präsenz ausgeprägter denn je; wirkte er in jüngeren Jahren oft etwas stumpf und schläfrig, strahlt er heute das wettergegerbte Charisma und die Entspanntheit eines Mannes aus, der zu viel erlebt hat, um irgendjemandem noch etwas beweisen zu müssen.
Wobei es in »Tulsa King« genau darum geht: Stallone verkörpert einen New Yorker Mafia-Capo namens Dwight »The General« Manfredi, der es nach 20 Jahren Knast noch einmal wissen will. Von seinen Bossen nach Tulsa, Oklahoma, abgeschoben, beginnt er bereits auf der Fahrt vom Flughafen mit generalstabsmäßiger Entschiedenheit, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Der junge Taxifahrer wird als persönlicher Chauffeur rekrutiert und einem legalen Marihuana-Shop verordnet er quasi im Vorbeifahren kostenpflichtigen »Schutz«. Außerdem wird das Geschäft um den Verkauf von Lachgas erweitert, sehr zum Unmut lokaler Dealer.
In den ersten Folgen legt die Serie damit ein beträchtliches Tempo vor. Dabei wären ein bisschen mehr Gelassenheit und Raum für Beiläufiges schön gewesen, denn am besten sind jene Momente, in denen Dwights Sylvester Stallone muss sich als Mafiosi »The General« im Provinznest Tulsa zurechtfinden Alter und seine Altmodischkeit mit den Zeichen der modernen Zeit kollidieren. Mal muss man ihm »Uber« erklären, mal ergreift eine Frau nach einer romantischen Liebesnacht verstört die Flucht, als sie sein Alter erfährt. Diese Szenen haben selbstironischen Witz, Charme und sagen vielleicht auch etwas über Rollen- und Selbstbilder.
Andererseits weiß man oft nicht genau, ob Dwights Vorgehen nun amüsant oder erschreckend sein soll. Immer wieder kommt es zu überraschend heftigen Gewaltausbrüchen, während forcierte Gags über Gendern und andere politische Korrektheiten weniger die Gestrigkeit Dwights, sondern eher den Konservatismus der Autoren widerzuspiegeln scheinen. Auf der anderen Seite nimmt die Serie sich enttäuschend wenig Zeit, um das beschauliche Tulsa als Ort zu etablieren. Auch aus der Vorstellung, dass ein New Yorker Mobster sich hier plötzlich zurechtfinden muss, wird erstaunlich wenig gemacht: Der Kontrast von Dwights lässiger Urbanität und der verschlafenen Provinzialität bleibt praktisch ungenutzt.
Und anstatt die Geschichte als gradliniges Provinz-Comeback eines unverbesserlichen Kriminellen zu erzählen, werden diverse Seitenlinien über rachsüchtige Rivalen, entfremdete Töchter und Mafia-Intrigenspiele aufgemacht. Dwights Romanze ist ausgerechnet eine örtliche Polizistin, sein Widersacher ein psychopathischer Biker-Boss, der wie ein Outtake aus »Sons of Anarchy« wirkt. Eine Menge Stoff für neun halbstündige Episoden. Die Idee, Dwight eine multiethnische Crew aus Misfits unterschiedlichster Art zur Seite zu stellen, hat durchaus Charme, wirklich pointiert gezeichnet sind die einzelnen Typen dann aber doch nicht.
All dessen ungeachtet bereitet es Vergnügen, Sylvester Stallone in dieser Altersrolle zuzuschauen. Beim Drumherum muss man nach der ersten Staffel konstatieren, dass es nicht recht zündet. Eine zweite Staffel wurde bereits angekündigt, doch sie wird nicht mehr in Tulsa gedreht. Showrunner Terence Winter ist inzwischen wegen »kreativer Differenzen« ausgeschieden. Man darf also trotz allem gespannt sein, wie es mit dem »General« weitergeht.
OV-Trailer
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