BR-Mediathek: »Alles finster«
© Allegro Film/BR/ORF/Anjeza Cikopano
Manchmal wollen die Gedanken spielen. Gesetzt den Fall, einer der Main-Streamer brächte eine Serie heraus, die in einem texanischen Nest spielt, wo jäh der Strom ausfällt. Es folgen Verzweiflung, Maßnahmen, Konflikte, die in bewaffnete Auseinandersetzungen ausarten. Eine solche Serie würde vermutlich von vornherein auf ein gewisses Wohlwollen treffen. Nun spielt die Geschichte aber im fiktiven österreichischen Kekenberg und wurde vom ORF und dem BR in Auftrag gegeben. Mit erkennbar weniger Geld, als ein internationaler Medienkonzern spendiert hätte.
Eben blickt Kekenbergs Fußball-Elf einer weiteren schmählichen Niederlage gegen die verfeindeten Muckinger entgegen, als das Flutlicht erlischt. Bald gewahren die Kekenberger, ganz Österreich und seine Nachbarstaaten, dass der Strom ausgefallen ist. Und er wird, das sei verraten, nicht so schnell wieder eingeschaltet werden. Damit muss man sich nun umständlich arrangieren. Noch immer unterlaufen ihnen Gewohnheiten wie der automatische Griff zum Handy. Aber die sind tot. Kurbel- und Transistorradios sowie Sprechfunkgeräte erfahren neue Wertschätzung. Doch nicht ganz verkehrt, die antike Technik.
Im nahen Heeresstützpunkt verfügt man nur über ein Krisenhandbuch aus dem Jahr 1983. Eigentlich müsste man die Versorgung sichern, aber die Rekruten werden von der Propeller-Mama nach Hause geholt. Plumpsklos, offene Feuerstellen, Nahrungssuche bestimmen jetzt den Alltag. Die letzten Vorräte werden umkämpft. Prepper und Apokalyptiker haben Oberwasser. Die Alleinautorin Selina Gina Kolland legt das Geschehen zunächst als Lustspiel an. Als Freilicht-Komödienstadel. Typen begegnen uns wie der selbst ernannte, kernige, aber unfähige Bürgermeister, neurotische zugereiste Städter, eine junge Diabetikerin, der das Insulin ausgeht, ein Dorfdepp, ein unsicherer estländischer Priester, der nur ein paar Brocken Österreichisch beherrscht.
Aber ein Import-Pfarrer ist so weltfremd nicht. Mangels Nachwuchs treten oftmals Priester ausländischer Herkunft hiesige Gemeindestellen an. An Pfarrer Matias (Tambet Tuisk) lässt sich exemplifizieren, wie die Serie alsbald an Gehalt gewinnt. Matias findet Gefallen an der – mit gutem Grund – atheistischen Dorfwirtin Elisabeth (Hilde Dalik), die seine unbeholfenen Annäherungsversuche als Missionierung missversteht. Beide ändern nach und nach ihre Haltung. Er wird weltlicher, sie nähert sich dem Glauben.
Vielerlei Themen werden ähnlich ein- und ausgearbeitet. Besonders augenfällig, dass die oft großsprecherischen Männer in entscheidenden Momenten versagen, während die sehr unterschiedlichen Frauen in der Krise zur Hochform auflaufen. Nach der zweiten oder dritten Episode verfolgt man Zank und Zusammenhalt der Kekenberger ganz gern. Wenn nur die Ausrutscher in den Klamauk nicht wären wie der alberne Running Gag, dass die in knalliges Rosa gehüllte Resi (Karin Lischka) immer wieder, weil offenbar nicht lernfähig, zu Boden stolpert.
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