Mediathek: »Westwall«

»Westwall« (Miniserie, 2021). © ZDF / Krzysztof Wiktor

© ZDF / Krzysztof Wiktor

In Richtung Bunker

Rechter Terror ist längst nicht mehr nur ein Thema für die Nachrichten, sondern hat auch verstärkt Einzug gehalten ins fiktionale, serielle Erzählen. Ob vor ein paar Jahren in der zweiten Staffel von »Berlin Station«, jüngst in der ebenfalls zweiten Runde von »Baptiste« (seit kurzem bei Starzplay zu sehen) oder ganz aktuell in der norwegisch-deutschen Koproduktion »Furia« – immer wieder tun sich im Untergrund Neonazi-Netzwerke auf, werden Anschläge geplant und arbeitet irgendwer gegen Ausländer und für eine neue Weltordnung. So nun auch im Sechsteiler »Westwall«.

Im Zentrum der Serie steht zunächst einmal die Polizeischülerin Julia (Emma Bading), die recht bald feststellen muss, dass ihre charmante neue Zufallsbekanntschaft Nick (Jannik Schümann) nicht der ist, als der er sich ihr vorgestellt hat (und obendrein ein Hakenkreuz-Tattoo auf dem Rücken trägt), und womöglich auch doch nicht so ungeplant in ihr Leben getreten ist. Bis sie allerdings realisiert, was wirklich vor sich geht, dauert es dann doch eine ganze Weile, schließlich ist sie in ein ganzes Netz geheimer Machenschaften geraten, in die auf die eine oder andere Weise eine ganze Reihe von Menschen verwickelt zu sein scheinen. Darunter nicht nur ihr Ausbilder (Rainer Bock) und ein Verfassungsschutzmitarbeiter (Devid Striesow), der Nick für seine Zwecke benutzt, sondern auch die undurchschaubare Ira Tetzel (Jeannette Hain), die mit ihrem brutalen Handlanger (David Schütter) in den Tiefen des Waldes Jugendliche zu Kämpfern ausbildet, und womöglich sogar Julias eigener Vater (Karsten Antonio Mielke), ein kiffender Kommunen-Linker.

Als Zuschauer*in hat man in »Westwall« deutlich früher als die Protagonistin den Durchblick, wie hier der Hase läuft – und dass er in Richtung der verlassenen Westwall-Bunkers in der Eifel hoppelt. Man muss dafür kein Hellseher sein, denn die Geschichte, die Benedikt Gollhart (»Türkisch für Anfänger«) von einem eigenen Roman ausgehend gestrickt hat, ist so wenig subtil wie randvoll mit Figuren und Plottwists.

Von Fremdenhass und Reichsbürger-Ideologien bis hin zu V-Männer-Verfehlungen und Verschwörungstheorien kommt hier vieles vor, was heutzutage in deutschen Untiefen lauert. Doch der Serie geht es nicht darum, die realen Abgründe intellektuell zu durchleuchten oder Gesellschaftskritik zu üben, weswegen bedenkenlos in Kauf genommen wird, dass es immer wieder schablonenhaft und konstruiert zugeht oder die Glaubwürdigkeit strapaziert wird.

Schauspielerisch allerdings gibt es in »Westwall« wenig zu beanstanden, zum umfangreichen Ensemble gehören auch Kostja Ullmann, Suzanne von Borsody und die frisch gebackene Lola-Gewinnerin Lorna Ishema (»Ivie wie Ivie«). Überhaupt gelingt der Serie dank Regisseurin Isa Prahl (»1000 Arten Regen zu beschreiben«) etwas, das hierzulande viel zu selten ist: richtig spannende, temporeiche Unterhaltung, die obendrein auch noch sehr ordentlich aussieht.

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