Mediathek: »Vigil«
© World Productions
Es verdient Respekt, wenn sich ein Produzenten-Autoren-Team an eine U-Boot-Serie heranwagt. War nicht schon alles durchgespielt worden, was der begrenzte Schauplatz an Handlung zulässt? George Aza-Selinger, der die Idee lieferte, und Tom Edge, der sie ausarbeitete, haben sich durch die bekannten Vorgänger nicht irritieren lassen. Ihr Sechsteiler fängt spannend an. Und dann drehen sie langsam auf.
Vor der Küste Schottlands stoppt ein Fischerboot mit einem Ruck. Das Netz muss sich irgendwo verfangen haben. An einem Objekt, das sich bewegt. Und den Trawler unwiderstehlich in die Tiefe zieht. An Bord des britischen Atom-U-Boots »Vigil« bemerkt man den Vorfall. Kapitän Newsome (Paterson Joseph) will den ertrinkenden Fischern nicht helfen, sondern befiehlt Schleichfahrt. Das protestierende Crew-Mitglied Craig Burke (Martin Compston) wird in seine Kabine verbannt. Wenig später ist er tot. Die Anzeichen deuten auf eine Überdosis Heroin.
Von Glasgow aus wird DCI Amy Silva (Suranne Jones) in Marsch gesetzt. Die »Vigil« darf aus taktischen Gründen nicht in den Hafen zurück. Silva muss ihre Untersuchungen an Bord vornehmen. Ein Hubschrauber setzt sie ab. Sie ist keine Armeeangehörige, das lässt man sie spüren. Sie wird überwacht, an ihrer Arbeit gehindert. Dennoch macht sie Fortschritte, findet schnell heraus, dass der Herointod vorgetäuscht war. Unerwartet fällt der Strom aus. Das erste einer Reihe gefährlicher Ereignisse. Die abgetauchte »Vigil« ist ohne Kontakt zur Außenwelt, der Mörder immer noch an Bord.
An Land ermittelt Silvas Kollegin und zeitweilige Lebensgefährtin Kirsten Longacre (Rose Leslie) die Lebensumstände des Ermordeten. Der lebte in einer Marinekaserne. Abgeschottetes Terrain. Auch hier sieht man Außenstehende nicht gern.
Der Sechsteiler »Vigil«, produziert von der BBC und Arte France, in Großbritannien spektakulär erfolgreich, basiert auf einem cleveren Konzept und einem ausgefeilten Drehbuch. Anfangs deutet vieles auf einen Streit unter Kameraden. Doch Zug um Zug entwickelt sich die Serie zum Polit- und Agententhriller, wobei DCI Silva nicht nur gegen äußere, sondern infolge eines Traumas auch gegen innere Widerstände kämpfen muss. Standardsituationen treten auf, sind aber eingebettet in ein themenreiches Gesamtgeschehen samt Dramaelementen, die die Handlung bereichern, nicht drosseln.
Dafür bürgt nicht zuletzt Regisseur James Strong, dessen Vita Titel wie »Doctor Who«, »Broadchurch« und »Liar« umfasst. Die Schauspielleistung bewegt sich, wie so oft in BBC-Produktionen, auf höchstem Niveau.
Für Freunde unnützen Wissens: In »Vigil« treffen Ygritte und Stannis Baratheon aus »Game Of Thrones« – beziehungsweise deren Darsteller Rose Leslie und Stephen Dillane – aufeinander. Und die Pandemie hat in der Filmbranche neue Jobs geschaffen: Die englischen Stabangaben verzeichnen einen »Covid-19-Supervisor« (Alex McKay) und einen »Covid-19-Coordinator« (Emma Boulton).
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