DVD-Tipp: »Mandabi« (1968)

»Mandabi« (1968)

»Mandabi« (1968)

Klassiker des afrikanischen Kinos

Man muss schon überlegen, wann man das letzte Mal einen afrikanischen Film gesehen hat, im Kino noch eher als im Home Entertainment. Der Senegalese Ousmane Sembène (1923–2007) gehörte zu den Pionieren dieses Kinos, seine Tragikomödie »Mandabi« (1968), hierzulande erst 1973 in den Kinos der DDR (»Die Postanweisung«) und im Dritten Programm des WDR (»Die Überweisung«) erstaufgeführt, ist ein schöner Einstieg in dieses postkoloniale Kino. Auf der Basis seiner eigenen Kurzgeschichte (Sembène hatte vor seinem Filmdebüt 1962 bereits 1955 als Romancier reüssiert) erzählt er von einer Postanweisung, die das Leben des Protagonisten gehörig durcheinanderwirbelt. Das Geld, umgerechnet 50 US-Dollar, hat sein Neffe, der in Paris als Straßenkehrer arbeitet, geschickt. Noch bevor Ibrahima Dieng es in den Händen hält, macht die Nachricht im Viertel die Runde, plötzlich wollen viele Menschen Geld geschenkt oder geliehen haben, manche würden sich auch mit einem Sack Reis begnügen. Doch um das Geld ausgezahlt zu bekommen, muss Ibrahima einen Pass vorweisen. Den bekommt er bei Vorlage »einer Geburtsurkunde, dreier Passfotos und einer Gebührenmarke über 50 F«. Bevor er das Geld entgegennehmen kann, muss Ibrahima sich ­immer wieder Geld leihen, für die Busfahrt zum Rathaus oder das Anfertigen der Passfotos. Und da er nicht lesen kann, ist er stets auf fremde Hilfe angewiesen – die selten kostenlos ist. 

Eine Odyssee zwischen Betrügern und korrupten Beamten entwickelt sich, wir erhalten einen Einblick in die verschiedenen Gesellschaftsschichten und sehen am Ende den Protagonisten, der sich in der Anfangsszene für das Freitagsgebet rasieren ließ und dabei wie ein Mann von Welt wirkte, als vollkommen gebrochenen Mann. Eine Geschichte aus dem Alltag, unterstrichen dadurch, dass erstmals in der Landessprache Wolof gedreht wurde. Der Audiokommentar zweier Dokumentaristen liefert essenzielle Hintergrundinformationen, neue Gespräche und Dokumentationen (zusammen 94 Min.) fügen weitere Facetten hinzu. Mehr davon!

 

VÖ: 24. Juni 2021

Mandabi F/Senegal 1968. R: Ousmane Sembène. A: Arthaus.

Bestellmöglichkeit (DVD/Blu-ray)

 

 

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