DVD/Buch-Tipp: »Heimat 1« remastered

© Arthaus/Studiocanal

Der erste Teil der legendären Trilogie »digitally remastered« – und das Buch dazu

»Made in Germany« war anno dazumal auf dem klotzigen Grenzstein zu lesen, in Goldlettern, wo heute nur noch »Heimat« steht, in schlichtem Weiß. Dafür muss man keine Interpretationskunst bemühen – dahinter steckte nämlich eine Verfügung des WDR, der in vorauseilender Vorsicht den schwierigen Begriff »Heimat« in den Hintergrund drängte. Dabei war gerade damals nichts mehr im Gespräch als eben die Rückbesinnung auf das lange verdrängte Gefühl, das uns heute wieder ganz selbstverständlich vorkommt. Diese Neuheit drängt sich jedenfalls als Erstes auf, wenn man sich die kürzlich neu erschienene »Heimat Teil Eins« (auf DVD oder Blu-ray) anschaut. Dabei sollte die Aufmerksamkeit eigentlich dem Mammutunternehmen als Ganzem gelten, das darin bestand, das elfteilige Werk in einer neuen Kinofassung in sieben Kapiteln erstrahlen zu lassen. Fünf Jahre hat Edgar Reitz mit seinem Team investiert, um seinen Director's Cut auf den Markt, das heißt eben auch erneut ins Kino, zu bringen. Man erinnere sich, dass Reitz von Anfang an von einer Nonstop-Vorführung träumte, was sich gelegentlich auch realisieren ließ. Nun haben, nach der Premiere in Mainz Anfang letzten Jahres, schon Berlin und München nachgezogen, in Paris läuft »Heimat« schon ein Jahr lang in wechselnden Kinos. Auslöser war ursprünglich eine Anfrage aus Italien im Frühjahr 2007 mit dem traurigen Ergebnis, dass die einstmals auf »Farbpositiv« kopierten Filme nicht mehr vorführbar waren, weil sie sich inzwischen in »lachsrote Monochrombilder« verwandelt hatten. Selbst das im Bundesarchiv vorschriftsmäßig aufbewahrte Originalnegativ hatte Schaden genommen. 

Die Rettungsaktion für die »Heimat« startete bereits 2009 mit dem Scannen des gesamten Negativmaterials in Einzelbildern. Das addiert sich bei 16 Stunden Filmdauer zu einem Sümmchen von über zwei Millionen Bildern, von denen jedes wie ein digitales Foto gleich mehrmals gescannt und bearbeitet werden musste. Dass der Originalcharakter des Films bei alledem in keiner Weise Schaden nehmen durfte, war höchstes Gebot. Allein drei Jahre hatte das Restaurierungsteam unter der Leitung von Reitz-Sohn Christian vollauf zu tun, fehlte noch das sogenannte »Grading«, bei dem nicht zuletzt Kameramann Gernot Rolls Erinnerungsvermögen gefragt war, um die Farbstimmungen des Films, das Atmosphärische originalgetreu wiedererstehen zu lassen.

»Die neue Heimat« wirkt klarer akzentuiert, lässt die Gesichter stärker hervortreten, da wurden vorhandene Unschärfen beseitigt, ohne den Anstrich einer Hochglanzrestaurierung zu vermitteln. Auch das heute geläufige Breitwandformat stört nicht.Trotz der Straffung der Kapitel bleibt alles beim Alten. Unverändert hebt das erste Kapitel Fernweh in filigranen Grautönen zu erzählen an: wie der gemeine Soldat Paul am 9. Mai 1919 aus französischer Kriegsgefangenschaft ins fiktive Hunsrückdorf Schabbach zurückkehrt, wo es ihn nicht allzu lange halten wird. So rücken bald seine Frau Maria, die Integrationsfigur des Werks, Großmutter Katharina und der Chronist Glasisch zum eigentlichen Mittelpunkt der Jahrhunderterzählung auf, die alle zentralen Punkte der deutschen Geschichte von 1919 bis 1982 berührt.

Aus der früheren Interpretation eines Jahrhunderts sei heute ein Dokument geworden, lautet der Kommentar von Christian Reitz zu dieser neuen »Heimat«. Aber davor sei heftigst gewarnt. Hilfestellung leistet dabei das ebenfalls gerade erschienene Drehbuch, das mit ausführlichen Regieanweisungen und Bildbeschreibungen auf 544 Seiten Romanformat hat und sich auch beinahe wie ein Roman liest. Es mag ein für allemal daran erinnern, daß Edgar Reitz seine »Heimat« nie als eine Serie sehen wollte, sondern als einen »filmischen Roman«, dem nur die Praxis die Einteilung in Kapitel abgetrotzt habe. Beim Wiedersehen drängt sich natürlich als Erstes die Frage auf, wie sich die Rezeption verändert hat. Dazu hätte man sich auch ein paar Gedanken des Regisseurs gewünscht, doch Edgar Reitz hält sich bedeckt. Schade.

 

 

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