Merchandise macht stark!
Wonder Woman als Funko-Figur
Vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis, haben Menschen, die von einem Film besonders angerührt waren, mühsam per Brief bei Agenturen Starpostkarten geordert oder dem örtlichen Kinobetreiber ein Plakat abgeschwatzt; wenn sie damit sehr erfolgreich waren, galten sie als Sammler und waren ernstzunehmen. Dann kam George Lucas, so will es die Legende, und müllte das Universum mit Plastik-Sternzerstörern voll: Das moderne Merchandise war erfunden. Mit jedem Happy Meal, das inklusive Toy Story-Toy über die Theke gereicht wurde, mit jedem Batman-T-Shirt und jeder Gremlin-Puppe drohte das Image des Filmfans den Bach runterzugehen: Konsumopfer!
Inzwischen ist die Geschichte des Merchandise in eine dritte Phase eingetreten. Seit Sheldon Cooper in »The Big Bang Theory« über einem kaputten Star Trek-Spielzeugtransporter verzweifelte, wissen wir, wie viel Leidenschaft sich in solchen Objekten materialisiert. Und die Kulturwissenschaft hat die identitätsstiftende Wirkung des Merch beschrieben: Wer demnach aus einer Tasse mit der Aufschrift »Earl Grey. Hot« trinkt oder Tony Starks Black-Sabbath-T-Shirt spazierenführt, gibt sich als informierter Teilhaber der Popkultur zu erkennen. Bei der Suche nach aussagekräftigem Merchandise sind wir ja auch längst nicht mehr auf Megafirmen wie Disney angewiesen, sondern können aus einem Fundus hochgradig ausdifferenzierter fan-kreierter Angebote schöpfen, vom Anime-Wandschmuck im Air-Brush-Stil bis zum handgeschmiedeten Wonder-Woman-Kopfputz.
Für mich ist der Hang zum Merchandise auch eine Form von »magischem Kannibalismus« – wie bei den Kriegern, die früher die Hoden ihrer Feinde aßen, in der Hoffnung, deren Kraft würde auf sie übergehen. Wenn ich durch die nerdige Brille schaue, die Ben Whishaw als Q in den Bond-Filmen trägt, bilde ich mir ein, ich könnte meinen Computer besser verstehen. Und wenn ich unterm Blazer das Shirt mit der Frage »What would Loki do?« anhabe, fühle ich mich in nervigen Sitzungen viel stärker. Ich muss nur noch rauskriegen, wie man die Sprinkleranlage telepathisch in Gang setzt.
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