Interview: Christian Bale

»Die lustigsten Dreharbeiten sind oft die zu den drama­tischsten Filmen«
Christian Bale

© Verleih

Christian Bale: Seine Karriere begann als Kinderstar bei Steven Spielberg, inzwischen gilt er als Hollywoods Mann der Extreme. Der Brite spielt Batman (The Dark Knight) genauso wie Moses (demnächst in Ridley Scotts Exodus). Er hungert sich für seinen Job fast zu Tode (The Machinist) und futtert sich stolz eine Plauze an (American Hustle). Und Schlagzeilen macht er mal mit seinem Oscar-Gewinn für The Fighter, mal mit jähzornigen Wutausbrüchen am Set von Terminator: Die Erlösung

Mr. Bale, Out of the Furnace heißt in Deutschland nun Auge um Auge. Da würde man doch eigentlich einen klassischen Rache­thriller vermuten, oder?

Das ist der Film nur an der Oberfläche. Zumal Scott Cooper kein Regisseur ist, der seine Geschichten mit dem Holzhammer an den Mann bringen will. Zwar rächt hier ein Mann seinen Bruder. Allerdings habe ich nicht das Gefühl, dass ihm das letztlich Frieden bringt. Kann Gewalt überhaupt jemals etwas Positives bewirken? Mit dieser Frage entlässt uns diese Geschichte. Abgesehen davon, dass Scott – ausgehend vom Rachegenre – auch sehr nuanciert mit archaischen Männlichkeits­idealen und traditionellen Wertvorstellungen auseinandersetzt.

Die Geschichte des Films ist ausgesprochen düster. Ist die Intensität Ihrer Arbeit in einem solchen Fall eine andere als beispielsweise beim deutlich leichtfüßigeren American Hustle?

Nein, da gibt’s für mich keinen Unterschied. Humor und Wut sind doch gleichberechtigte Aspekte der menschlichen Per­sönlichkeit. Abgesehen davon hört die Düsternis ja schnell auf, sobald die Kamera nicht mehr läuft. Die lustigsten Dreharbeiten sind bekanntermaßen oft die zu den dramatischsten Filmen.

Aber man hat schon oft den Eindruck, Sie würden sich ganz bewusst die emotional anstrengendsten Parts aussuchen...

Mir geht es gar nicht um Intensität oder Anstrengung. Aber ich versuche immer, mich einer Rolle mit Haut und Haar hinzugeben. Diese Momente, in denen man wirklich gar nichts anderes mehr im Kopf hat, machen meinen Job für mich aus. Das ist wie beim Motorradfahren: wenn man nicht zu 100 Prozent bei der Sache ist, wird es schnell heikel! Ich weiß, wovon ich spreche, schließlich musste ich das Motorradfahren nach einem Unfall an den Nagel hängen und trage seither jede Menge Metall in meinem Arm mit mir herum.

Diese unbedingte Hingabe ist längst zu Ihrem Markenzeichen geworden...

Ist das so? Für mich war in dieser Hinsicht immer Jimi Hendrix ein Vorbild. Den habe ich als Kind, vermutlich im Fernsehen, Gitarre spielen sehen und war wie vom Donner gerührt. So wie er in dem Moment aussah, wollte ich auch wenigstens einmal im Leben fühlen. Dieser vollkommen selbstvergessene Gesichtsausdruck, diese Ekstase, die schon blutig gespielten Finger. Daran wollte ich – ohne mich annähernd mit Hendrix’ Talent zu vergleichen – zumindest ansatzweise mal in meinem Beruf herankommen.

Ihre erste Hauptrolle spielten Sie bereits mit zwölf Jahren. Haben Sie damals erwartet, mit 40 immer noch vor der Kamera zu stehen?

Im Leben nicht. Ich habe jeden Film, jede Reise, jede Party in dem Glauben genossen, das sei das letzte Mal. Mir hat das unglaublich viel Spaß gemacht, mein Leben verwandelte sich vorübergehend in einen Disneyland-Ausflug.

Hatten Sie einen Plan B für die Zukunft?

Gar nicht. Ich war kein besonders guter Schüler, also wer weiß, ob ich studiert hätte. Mein Vater hat mir aber auch mit auf den Weg gegeben, dass man nicht zu viele Pläne machen soll, weil sowieso immer alles anders kommt. Abgesehen davon war ich damals ein Kind. Da hat doch kein Mensch eine Ahnung, was er für den Rest des Lebens machen will.

Wann kam denn der Punkt, an dem sich diese Ahnung einstellte?

Gute Frage. Letztes Jahr mal kurz. Als ich Anfang 20 war. Immer wieder als Teenager. Und mit Sicherheit auch immer wieder in der Zukunft.

Dazwischen zweifeln Sie tatsächlich an sich und Ihrem Beruf?

Das kommt schon vor. Die Schauspielerei hat das Potenzial dazu, unglaublich erfüllend und befriedigend zu sein. Aber darin steckt eben auch das Potenzial, unglaublich enttäuschend zu sein. Manchmal erlebt man diese Enttäuschung nur bei einem Film, mitunter aber auch bei mehreren hintereinander. Wenn das passiert, kann es schon geschehen, dass man sich sehr in dieses Gefühl hineinsteigert und einredet, aus diesem Tief nie wieder hinauszukommen.

Und dann?

Dann kommt aber eben doch wieder ein Projekt um die Ecke, bei dem alles so läuft, wie man es sich erträumt hat – und schon möchte man nie wieder etwas anderes machen als vor der Kamera stehen. Diese Höhen und Tiefen, diese Hassliebe, die da manchmal draus wird, gehören einfach dazu, denn nicht umsonst ist die Schauspielerei eine hochemotionale Angelegenheit, die süchtig macht. Das ist wie in einer Beziehung: Konstanz und Eintönigkeit würden schnell langweilig werden.
 
Das Gespräch führte Patrick Heidmann

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