Kritik zu Bad Boy Kummer

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2010
Original-Titel: 
Bad Boy Kummer
Filmstart in Deutschland: 
05.05.2011
V: 
L: 
92 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Er hat die Medienwelt wenn nicht verändert, so doch eine Zeitlang ganz schön bewegt: Tom Kummer, der Interviewerfinder. Eines seiner damaligen »Opfer« hat nun einen Dokumentarfilm über ihn gemacht

Bewertung: 3
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Tom Kummer sieht aus wie ein ledriger Ironman, wenn er brav seine Laufrunden durchs staubige Los Angeles zieht. Ein gepflegter Schwyzerdütsch-Sound würzt seinen sportlichen Alltag als Trainer für Paddle Tennis in einem Club in Santa Monica und selbst seine unglaublichsten Anekdoten kommen in diesem Ton mit einer Prise Treuherzigkeit daher. Der Mann hat das Zeug zum Popstar, ist auch schon länger als jene fünfzehn Minuten berühmt, die Andy Warhol weissagte, doch leider hat man ihn als Diskurs-Delinquenten und Grenzverletzer nicht mehr lieb.

Vor gut zehn Jahren verloren Ulf Poschardt und ein Kollege aus der Chefredaktion des Magazins der »Süddeutschen Zeitung« ihren Job, auch der »Stern«, die »Zeit«, »Der Spiegel « und große Schweizer Tageszeitungen standen kopf. Kummer, die Edelfeder des People-Journalismus, ein cooler Ich-Schreiber und Trivialitäten-Pusher, hatte Fakten und Fiktionen zu dreister Faction verschmolzen und anstelle von langweiligen Gruppeninterviews brillante zeitgeistphilosophische Gespräche mit Sharon Stone, Sean Penn, Whitney Houston, Charles Bronson, Mike Tyson und anderen mit Hilfe seiner Handbibliothek erfunden und schön geschrieben. Die Presse war peinlich berührt. Warhol wörtlich zu nehmen, die »Medienlandschaft aufzupimpen«, wie Kummer sich 2010 im »Freitag« selbst lobte, galt als geschäftsschädigend, selbst wenn er seine Methode als satirische Performance verteidigte. Das Kind, das rief, der Kaiser des abendländischen Journalismus sei nackt, wurde als jener Gauner entblößt, der ihm das Nichts als schönes Gewand verkauft hatte.

Seither waltet solider Trotz in Tom Kummer. Das Wunderkind der einstigen Narzissmuspostille »Tempo« will sich einfach nicht schämen, gibt lieber den Tenniscoach in Hollywood und zehrt vom obskuren Charme seiner Geschichten. Seine einstigen Redakteure seien uneingestanden seine Komplizen gewesen, behauptet er und bringt sich ab und zu mit neu gesampelten alten Storys als Fake-Autor in Erinnerung. Den Absprung ins anerkannte Fach echt erstunkener Pulp-Fiction scheint er verpasst zu haben.

In »Bad Boy Kummer«, einem an der Oberfläche surfenden Porträt, nimmt Miklós Gimes die Spur des Hochstaplers in Los Angeles auf. Als stellvertretender Chefredaktor des Züricher »Tages-Anzeigers« war er einer der geleimten Bewunderer von dessen Schreibe, zehn Jahre später wirkt die Faszination für Kummers Charisma nicht zuletzt in dem Stil fort, mit dem er seinen Film als visuellen Trip durch Kummers Los Angeles aufpeppt.

Ein paar Exkollegen, unter ihnen Markus Peichl von »Tempo«, lässt Gimes Kummers Karrierebruch kommentieren. Man erfährt einiges über die ärmliche Kindheit des 1963 in Bern geborenen Autodidakten, folgt ihm in die Westberliner Performance-Kunstszene der achtziger Jahre und ahnt seine späteren »Spiele mit dem Feuer«, wenn man die punkigen Undergroundfilme sieht, die er von seinen Performances im Schatten der Mauer drehte. Amüsant auch alle Szenen, in denen Kummer die inkriminierten Texte hervorkramt und mit sichtlichem Spaß an seinen Parodien vorliest.

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