Kritik zu Flucht aus Tibet – Wie zwischen Himmel und Erde
Hannah Herzsprung spielt eine Bergsteigerin, die einen Treck mit flüchtigen tibetischen Kindern nach Nepal begleitet. Ein schwieriges Unterfangen: zwischen chinesischen Schergen und Ethno-Klischees verheddert sich Maria Blumencrons Film
Kann man im Titel etwas über einen Film erahnen? Wie zwischen Himmel und Erde klingt wenig spezifisch, vor allem aber irritiert die Vergleichskonstruktion, die man nicht recht auflösen kann: Was könnte »wie zwischen Himmel und Erde« sein? Nach Ansicht des Films von Maria Blumencron ist man nicht viel klüger. Man versteht immerhin den Hinweis auf den Schauplatz – Tibet, Himalaya, das »Dach der Welt« – und auf Fragen der Transzendenz, um die es im Buddhismus geht.
Blumencron erzählt von einem Thema, das sie biografisch gestreift und dokumentarisch bearbeitet hat (Good Bye Tibet, 2009): Es geht um waghalsige Flüchtlingstrecks mit tibetischen Kindern, die vor den chinesischen Machthabern in die Sicherheit Nepals gebracht werden sollen. Als Fluchthelferin betätigt sich die deutsche Bergsteigerin Johanna (Hannah Herzsprung), die in einem Kloster landet, aus dem gerade der »Golden Boy«, der auserwählte kommende Führer des tibetischen Buddhismus nach Nepal verbracht werden soll, weil die Schergen Chinas ihm nach dem Leben trachten. Johanna übernimmt als Ersatzmutter für den frechen Tempa (Sangay Jäger), einen Spielkameraden des Golden Boy (Tamding Nagpa), Begleitdienste nach Lhasa, von wo aus der tibetische Untergrund seine Trecks organisiert.
Das ist alles schlicht inszeniert. Die Musik trennt fein in gute und böse Charaktere, und wo sie lokal inspiriert ist, weckt sie gemeinsam mit den Bildern der fremden Welt im Interessenten eines ethno-exotischen Buddhismus touristische Gelüste. Johanna, die in einer Gruppe von westlichen Travellern im Kloster ankommt, tritt umgehend als Autochthonenversteherin hervor. Während die Französin Florence (Mona Petri) offensichtlich dummes Zeug labert, beginnt Johanna mit Tempa Fachgespräche über den Comic, den er gerade liest. Diese Darstellung ist so billig, wie die Synchronisation die Verständigung in dem Film macht (die tibetischen Kinder sprechen alle wunderbares Deutsch): Die gute Touristin muss gegen die ignorante Gruppe ausgespielt werden, indem sie sich total emphatisch für die Menschen am fremden Ort interessiert.
Die Frage, ob eine Figur wie Johanna, stellvertretend für den Film, nicht selbst einen eurozentristischen Blick auf die Verhältnisse in Tibet wirft, stellt sich in solch einer überschaubaren Anordnung selbstredend nicht. Interessant ist Wie zwischen Himmel und Erde nur, weil sich der Film momenthaft gegen die eigene Logik sperrt. Einmal erklärt der böse chinesische Polizist, dass es sich beim rückständigen politischen System des tibetischen Buddhismus um eine »repressive Theokratie « handelt, wozu Johanna kein Gegenargument einfällt. Das andere Mal realisiert sie, dass der Treck als Ablenkungsmanöver für die Gruppe um den Golden Boy kalkuliert war, was ihren Gerechtigkeitsgefühlen schon zu widerstreben scheint. Der Film hat im Gut- Böse-Schematismus der Erzählung aber keinen Platz für solche Zweifel an der Richtigkeit seines spirituellen Wellness-Weltrettertums – weshalb es ein wenig scheint, als habe er sich verplappert.
Kommentare
Zwischen Himmel und Erde
Der Film mag Schwächen haben, aber man kann ihn mit Spannung sehen. Was anzuerkennen ist, dass er einmal wieder auf die Unterdrückung Tibets
hinweist und dazu anregt, sich mit seiner Geschichte zu befassen, die den Wenigsten bekannt ist.
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