Kritik zu Parada

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Exjugoslawische Versöhnung, die sexuelle Minderheiten mit einschließt: Srdjan Dragojevic gewann mit seiner Balkankomödie den diesjährigen Panorama-Publikumspreis der Berlinale, obwohl sein Film kein reines Feelgoodmovie ist

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Eine dicke Goldkette mit Kreuz um den Hals, eine Wohnung voller Waffen und Kriegsmemorabilien, meist ganz in Schwarz mit Lederjacke gekleidet – niemand kann behaupten, dass die Figur des serbischen Kriegsveteranen Limun (Nikola Kojo) auf besonders subtile Weise eingeführt wird. Wie überhaupt Subtilität ganz offenbar nicht das Anliegen von Srdjan Dragojevic war, als er sich daranmachte, eine Komödie zum Thema Homophobie auf dem Balkan zu drehen. Es braucht nämlich auch keine besondere Feinsinnigkeit, um auszumachen, dass es Homosexuelle in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens schwer haben. Homophobie gehört hier eher zum gesellschaftlich erwünschten Normalzustand, als dass sie die geächtete Ausnahme wäre.

Diese »ganz normale Homophobie« bildet sarkastisch den Ausgangspunkt des Films, der erst mal mit Worterklärungen beginnt. Definiert werden »Çetnik«, »Ustaša«, »Šiptar« und »Balija«, die gängigen gegenseitigen Schimpfwörter für die Kriegsgegner des Jugoslawienkonflikts, für Serben, Kroaten, Bosnier und Kosovoalbaner. In diesem Minenfeld erscheint der Hass auf Schwule, der sich in einem fünften Schimpfwort artikuliert, als eine Art letzter gemeinsamer Nenner. Darauf baut Dragojevic seine Handlung auf. Ausgerechnet ein ehemaliger serbischer Warlord, der bereits oben beschriebene Limun, kommt hier in die Zwangslage, die Verteidigung eines kleinen Häufchens schwul-lesbischer Aktivisten übernehmen zu müssen, die in Belgrad zur »Gay Pride Parade« antreten wollen. Es ist seine kämpferische Braut, die ihn dazu nötigt, denn sie will nicht auf ihren schwulen Hochzeitsplaner verzichten. Als Limuns Entourage davon erfährt, wendet sie sich eilig von ihm ab. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als Verbündete auswärts zu suchen – bei den »besten Feinden« in Kroatien, Bosnien und dem Kosovo. Mit grobkomödiantischen Mitteln, die die latente Homoerotik der Macho-Kameraderie gewissermaßen als Kraft, die das Böse will, aber das Gute schafft, einsetzt, feiert Parada schließlich die Utopie einer gesamtjugoslawischen Versöhnung, die sexuelle Minderheiten miteinschließt.

Fast schon als Gebot der Parität erscheint dabei, dass die Homosexuellen genauso als wandelnde Klischees daherkommen wie ihre machistischen Gegenüber. So fährt der schwule Tierarzt einen rosaroten Kleinwagen und geriert sich meist als Weichei, sein Freund ist das durchfeminisierte Stereotyp des Hochzeitsplaners mit Faible für zu viel Dekor. In ihrer gemeinsamen Wohnung hängt Kunst statt Kriegszeugs an der Wand. Als Limun sie zum ersten Mal betritt, glaubt er zu seiner Erleichterung, ein Gemälde identifizieren zu können: »Eine Walther« – und wird doch korrigiert: »Ein Warhol!« Aus dem Gegeneinanderreiben der Klischees schlägt Parada bei aller oberflächlichen Vulgarität so manch subversiven Funken. Wobei der Film das Kunststück vollbringt, nie so ganz im Feelgoodmoviehaften zu versumpfen, sondern die klägliche Realität immer gegenwärtig hält: 2010 mussten die 1 000 Teilnehmer der »Gay Pride Parade« in Belgrad von über 5 000 Polizisten gegen geschätzte 6 000 Angreifer verteidigt werden. 2011 wurde sie ganz abgesagt.

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