Kritik zu Die Abenteuer der kleinen Giraffe Zarafa
Gewissermaßen nach wahren Begebenheiten: ein französischer Animationsfilm, der von Sklaverei und Großwildjagd erzählt
Im vergangenen Jahrzehnt sind zunehmend französische Animationsfilme produziert worden – nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene. Filme wie Das Geheimnis der Frösche und Das grosse Rennen von Belleville von 2003, die wundervollen Kiriku- Filme (1998, 2005) von Michel Ocelot oder dessen Les contes de la nuit (2010), Olivier Jean Maries Lucky Luke (2007) und Dominique Monferys Leon und die magischen Worte (2009). Gerade im Kino angelaufen ist Chico und Rita. Schon wenn man die Titel Revue passieren lässt, erkennt man die große Bandbreite, die dieses Genre in Frankreich abdeckt. Erstaunlich auch, dass bis auf Ocelots letzten farbenfrohen Silhouettenfilm keiner im 3D-Format herauskam.
Auch für Die Abenteuer der kleinen Giraffe Zarafa genügt das 2D-Bild. Es handelt sich um ein Roadmovie, das vom ersten Giraffentransport nach Europa berichtet und uns von der afrikanischen Wüste bis Alexandria, dann übers Meer und schließlich über die verschneiten Alpen bis nach Paris mitnimmt. Dort wurde 1827 tatsächlich die erste Giraffe im Pflanzengarten ausgestellt. Sie war ein Geschenk des ägyptischen Sultans an den französischen König. So weit die realen Fakten.
Maki und seine kleine Freundin Soula befinden sich in den Händen eines Sklavenhändlers, dem Maki zwar entkommen kann, Soula aber nicht. Auf der Flucht findet Maki eine Giraffenwaise und begleitet sie bis nach Paris, da er der toten Mutter das Versprechen gibt, ihr Kind zu beschützen. Die Geschichte wird von einem betagten Weisen, am Fuße eines gigantischen afrikanischen Affenbrotbaumes sitzend, an die Dorfkinder weitergegeben. Sie bildet die Klammer des Films, ein Märchen, das sich durch reale Begebenheiten speist. Die Reise wird mit dem Heißluftballon zurückgelegt, an Bord sind neben Zarafa und Maki noch zwei Kühe, der Pilot und ein Wüstenprinz.
Die Abenteuer der kleinen Giraffe Zarafa erzählt ganz nebenbei von den großen Themen der französischen Moderne, zu der auch die Montgolfiere gehört, deren Erfindung damals den Blick der Menschen auf die Welt entscheidend geprägt hat. Ein Überblick von oben eröffnet eine distanzierte Sichtweise auf das Treiben unten am Boden und macht Fragen möglich: Wie kann der Handel mit Menschen rechtens sein oder auch das Einsperren exotischer Tiere in enge Käfige? Ganz nebenbei wird auch die Frage nach einem Leben nach dem Tod aufgegriffen – den kindlichen Zuschauern muss nicht angst und bange werden, nur weil eine der beiden Kühe ins Gras beißt – sie ersteht als Schmetterling wieder auf und begleitet die Reisegesellschaft von nun an als kleiner gelber Falter.
Bildcharakter und Stimmungen, die die Regisseure Rémi Bezançon und Jean-Christophe Lie für ihren Film finden, sind warm und sonnig in Afrika und dunkel und düster in Paris. Auch die Musik passt sich dem jeweiligen Ort an, je nachdem, wo wir uns auf der Reise durch die Länder gerade befinden, und ist in ambitionierter Weise orchestral komponiert. Einfach fantastisch, diese Animationsfilme aus Frankreich, jeder für sich ein kleines Juwel.
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