arte-Mediathek: »Douglas Is Cancelled«

»Douglas Is Cancelled« (Miniserie, 2024). © Sally Mais/Nick Wall/BBC Studios/Hartswood

© Sally Mais/Nick Wall/BBC Studios/Hartswood

Anatomie eines Medienskandals

Schlecht beraten wäre, wer dem Vorspann des britischen Vierteilers »Douglas Is Cancelled« keine Aufmerksamkeit schenkt. In den flüchtigen Bildern sind Indikatoren versteckt. Da sitzen Douglas Bellowes (Hugh Bonneville) und Madeline Crow (Karen Gillan), die abends gemeinsam die TV-Nachrichten verlesen, auf dem Sofa einer dieser bunten Magazinsendungen und werden selbst interviewt. Immer wieder huscht Crows Hand auf Bellowes' Schenkel. Sexuelle Belästigung mit umgekehrten Vorzeichen? Die beiden sind gut befreundet, enge Kollegen. Sie sei eben ein taktiler Mensch, erklärt Crow einmal, von Bellowes auf ihr Verhalten angesprochen.

Crow steht Bellowes zur Seite, als der auf den sozialen Medien beschuldigt wird, auf einer Hochzeitsfeier einen sexistischen Witz erzählt zu haben. Er kann sich, so sagt er, nicht erinnern. Crow versieht die Ur-Nachricht mit einem in jede Richtung interpretierbaren Kommentar und verbreitet sie dadurch erst recht weiter.

Bellowes Redakteur Toby (Ben Miles), sein Agent Bently (Simon Russell Beale), vor allem seine Ehefrau Sheila (Alex Kingston) machen sich zunehmend Sorgen. Sheila weiß, wie der Skandaljournalismus läuft – sie ist Chefredakteurin eines Revolverblatts und schreckt nicht davor zurück, das Privatleben guter Freunde an die Öffentlichkeit zu zerren. »Skandale sind aufregend. Nuancen sind Arbeit«, belehrt sie ihren Gatten, der die drohenden Konsequenzen nicht erfasst, der, anders als Sheila, Madeline Crow blind vertraut.

Noch immer weiß niemand, was Bellowes eigentlich gesagt hat oder gesagt haben soll. Ihm steht ein Interview beim Hay Festival of Literature & Arts bevor, eigentlich dazu gedacht, sein berufliches Leben Revue passieren zu lassen. Als aber die Interviewerin kurzfristig durch eine als scharfzüngig bekannte Kollegin ersetzt wird, sind die Beteiligten alarmiert.

Das Drehbuch zu »Douglas Is Cancelled« stammt von Steven Moffat, einem der renommiertesten britischen Serienautoren, mit Titeln wie »Sherlock« und der Kultserie »Doctor Who«, die er von 2009 bis 2017 als verantwortlicher Produzent betreute. Für »Douglas Is Cancelled« holte er sich zwei seiner damaligen Hauptdarstellerinnen, Alex Kingston und Karen Gillan. Gillan hat inzwischen Hollywood-Karriere gemacht (»Guardians of the Galaxy«). Beider Partner ist Hugh Bonneville, der Gutsherr aus »Downton Abbey«.

Moffat folgt nicht der schlichten Formel mit den Akten Übergriff, Enthüllung, Bestrafung des Täters. Er beschreibt das lächelnde Gewährenlassen, die duldende Ignoranz. Die Erzählung hält Überraschungen bereit, sowohl Crow als auch Bellowes könnten Opfer sein. Moffat verhandelt das aktuelle Thema mit entlarvender Genauigkeit, dramaturgischem Geschick und klugen Dialogen. Die sind so treffsicher, dass er sich erlauben kann, eine lange Rückblende in Folge 3 großenteils als Kammerspiel anzulegen, als Wortgefecht zwischen der schlagfertigen, noch jungen Stellenbewerberin Crow und dem durchtriebenen Produzenten Toby.

OV-Trailer

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